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AK-Magazin Nr. 19 - Januar 2002


 

Zwangsbeglückung: Eine Schlichtung für die AK?

Von Wilderich v. Fürstenberg

Unsere Verfassung überlässt es den Kir-chen, die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten selbst zu regeln. Ein Träger dieser Regelungsbefugnis ist die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes. Deren Ordnungsgeber, der Zentralrat, hat eine "Arbeitsgruppe zur Struktur und Arbeitsweise der Arbeitsrechtlichen Kommission" eingesetzt und sie gebeten, die Rechtsordnung der AK zu überarbeiten und einen Entwurf für eine veränderte Ordnung der Kommission vorzulegen. In diesen Entwurf sollen die bisherigen Beratungen der Arbeitsgruppe und die Stellung-nahme der AK einfließen.

Vermittlungsverfahren

Als eines der umstrittensten Beratungsthemen hat sich die Frage herausgestellt, ob nach gescheiterten AK-Beschlüssen ein formelles Vermittlungsverfahren vorgesehen werden müsste. Nach der aktuell gültigen Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission gilt:

Stimmt die Hälfte der Kommissionsmitglieder einem Antrag zu (er ist damit abgelehnt), kann sie den Ältestenrat anrufen; er hat auf eine gütliche Einigung hinzuwirken, kann aber keine Entscheidung erzwingen.
An der Eingangsfrage, ob das Beschlussverfahren der AK überhaupt des "Geburtshelfers Schlichtung" bedarf, scheiden sich bereits die Auffassungen.

Schlichtungsziel

Gegenstand einer Schlichtung sind Streitigkeiten zwischen der Dienstgeber- und der Dienstnehmerseite über den Inhalt zukünftiger Arbeitsrechtsregelungen. Im außerkirchlichen Bereich lotet Schlichtung die Möglichkeiten aus, bestehende Interessengegensätze auszugleichen. So sollen die Nachteile vermieden werden, die mit einem Arbeitskampf für das Gesamtwohl und für beide Seiten verbunden sind. Derartige Nachteile sind für Caritasdienstgeber und Caritasmitarbeiter dann nicht zu befürchten, wenn sich die Rechtsauffassung der Kirchen bestätigen sollte, die von ihnen praktizierte Dienstgemeinschaft sowie Wesen und Auftrag der Kirche schlössen Streik und Aussperrung zur Lösung von Streitigkeiten zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern aus. Drohen weder Streik noch Aussperrung, fehlt der AK ein im Vergleich zum nichtkirchlichen Bereich gewichtiges Schlichtungsziel. Das Ziel der AK-Schlichtung reduziert sich darauf, ein Ergebnis zu erreichen, das die bestehenden Regelungen ersetzt.

Inhalt des Schlichtungsverfahrens

Von Dienstgeberseite kommt der Vorschlag, eine mögliche Verweigerungshaltung der Kommission (gemeint ist vermutlich allein die Verweigerung der Dienstnehmerseite bei Lohn absenkenden Beschlüssen) durch ein "eigenständiges modifiziertes zweistufiges Zwangsschlichtungsverfahren" aufzulösen.

In der ersten Stufe soll der Schlichter unter Hinzuziehung von Kommissionsmitgliedern und Externen prüfen, ob und bis zu welchem Zeitpunkt ein Änderungsbedarf für die Arbeitsvertragsrichtlinien vorliegt. Wird dies bejaht, und kommt die AK innerhalb einer gesetzten Frist zu keinem entsprechenden Beschluss, soll in einer zweiten Stufe eine sog. Zwangsschlichtung stattfinden, deren Ergebnis als Beschluss der AK gilt. Die Kommission soll diesen "Beschluss" mit drei Viertel Mehrheit aufheben oder ersetzen können. Zweifellos könnte ein solchermaßen gestaltetes Verfahren Korrekturen der AVR erleichtern.

Zunächst also soll die Schlichtung eine Entscheidung darüber herbeiführen, ob die Arbeitsvertragsrichtlinien einer korrigierenden Änderung bedürfen. Obgleich die Formulierung "bedürfen" nahe legt, es sei über eine notwendige, über eine unabweisbare Änderung zu befinden, handelt es sich in Wirklichkeit um eine reine Zweckmäßigkeitsentscheidung. Ohne Änderung dauern nämlich die bestehenden Regelungen der AVR fort, es besteht somit keine Lücke, die auszufüllen wäre. Die in der ersten Stufe von der Schlichtung zu treffende Entscheidung ist identisch mit den "Ja oder Nein - Entscheidungen", wie sie regelmäßig von der AK zu treffen sind. Für derartige Veränderungen fordert die Ordnung der AK aber eine drei Viertel Mehrheit. Soll dieses für den Dritten Weg grundlegende Prinzip aus Opportunitätsüberlegungen preis-gegeben werden?

Kritik der Dienstnehmerseite

Hier setzt die Kritik der Dienstnehmerseite an. Sie bestreitet die Notwendigkeit, sich von Externen vorschreiben zu lassen, welche Beschlüsse zu fassen seien. Sie verweist darauf, in den sechseinhalb Jahren seit Inkrafttreten der jetzigen AK-Ordnung sei der Ältestenrat nie angerufen worden. Das sei Beweis für die hohe Bereitschaft, sich auf zweckmäßige Regelungen zu einigen. Die Fähigkeit zu pragmatischen Lösungen habe sich bei der Einführung der Härtefallklauseln, der Notöffnungsklausel, der Mobilzeit, der Langzeitkonten und der Modellprojekte erwiesen. Diese Einigungsbereitschaft werde erheblich gemindert, wenn der Kommission die Möglichkeit eröffnet werde, nicht gelöste Konflikte auf eine Schlichtung abzuwälzen.

Auch künftige Streitigkeiten würden vom bereits bestehenden Ältestenrat geklärt werden können, weil dessen Vorsitzender neutral sei und daher die Gewähr dafür biete und auch in Zukunft bieten würde, einen Konsens zwischen den Parteien zu finden. Es sei zwar zutreffend, dass die Verfahrensvorschriften anderer arbeitsrechtlicher Kommissionen eine verbindliche Schlichtung vorsähen. Die Schlichtungspraxis dieser Kommissionen zeige aber, dass Entscheidungen durch ein derartiges Verfahren nicht befördert, sondern eher verzögert werden.

Bei der Frage, ob Schlichtung nötig werden könne, dürften diese Kommissionen nicht mit der AK verglichen werden, weil sie allesamt nicht von unabhängigen Vorsitzenden geleitet würden.

Es stellt sich in der Tat die Frage, ob außen Stehende eher als der mit der Materie bestens vertraute neutrale Vorsitzende davon zu überzeugen vermögen, die AVR sollten geändert werden. Wer externe Schlichtung fordert, unterstellt, es mangele dem Vorsitzenden an zielführenden Eigenschaften und Überzeugungskraft. Diese Einschätzung stützt den Vorschlag der Dienstnehmerseite, die Kommission möge es doch wenigstens einmal mit ihrem Vorsitzenden als Mentor versuchen. Hiergegen werden die Befürworter einer externen Entscheidung einwenden, das Instrument Schlichtung wäre nur für den Ausnahmefall gedacht. Es würde nicht schaden können, hierfür vorzusorgen, um auf jeden Fall eine verbindliche Einigung sicherzustellen. Eine solche Argumentation ließe außer Acht, dass auch ein abgelehnter Beschluss das Ergebnis beinhaltet, die bestehenden Regelungen seien unangetastet zu lassen, es gebe keinen Veränderungsbedarf.

Veränderungsbedarf?

Genau diesen Veränderungsbedarf für die Arbeitsvertragsrichtlinien unterstellt die Dienstgeberseite und beruft sich darauf, die AVR würden von nicht wenigen Einrichtungen als antiquiert, als zu teuer, als nicht marktgerecht bezeichnet. Das müsse korrigiert werden, indem allgemeinverbindliche Regelungen gebündelt, systematisiert und vereinfacht würden, indem die Vergütungsregelungen einfacher und flexibler gestaltet würden, in dem Weihnachts- und Urlaubsgeld einer Umverteilungsregelung zugänglich gemacht würden und indem nicht marktkonforme Vergütungen in den Wirtschaftsbereichen den marktüblichen angepasst würden. Solche Korrekturen könnten nicht auf breite Zustimmung in der Kommission setzen, insbesondere nicht auf Akzeptanz der Dienstnehmerseite. Daher würden Schlichtungsverfahren unumgänglich werden.

Eine solche Betrachtungsweise setzt darauf, einen den eigenen Wünschen geneigten, vermittelnden Dritten zu finden. Sie unterstellt, nur die eigenen Vorstellungen seien zielführend für die künftige Ausgestaltung der AVR, die entgegengesetzte Position hingegen nicht. Diese Denkweise wird den komplizierten Regelungsgegenständen nicht gerecht. Fasst die AK beispielsweise infolge einer Pattsituation keinen Beschluss für eine Tarifabsenkung des hauswirtschaftlichen Bereichs, werden beide Seiten diesen "Stillstand" als Rückschritt bewerten, die einen wegen der Abkopplung der Beschäftigten von der allgemeinen Einkommensentwicklung, die anderen wegen des Nichteinstiegs in vermeintlich abzusenkende Vergütungsstrukturen. Andererseits können wiederum beide Seiten für sich in Anspruch nehmen, als unangemessen erachtete Schritte der anderen Seite verhindert zu haben. Ein Fall für externe Schlichter?

Hier helfen nur veränderte Lösungsmuster, die nicht notwendig von außen Stehenden vorgeschlagen werden müssen, wenn die Beteiligten selbst sie wollen. Es ist zu erwartenen, dass entsprechender Veränderungsdruck auf die Mitglieder der AK in ausreichendem Maße von der jeweiligen Basis, den Einrichtungen resp. den Beschäftigten ausgeübt werden wird. Denn weder Dienstgeber noch Mitarbeiter stehen im Verdacht, die Verhältnisse vor Ort zu ignorieren.

Schlichtung als Wesenselement des Dritten Weges?

Ein Argument für die Notwendigkeit von Schlichtungsverfahren lässt sich auch aus den diesbezüglichen Verfahrensvorschriften anderer kirchlicher Kommissionen nicht gewinnen. Die Deutschen Bischöfe haben zwar durch den Verband der Diözesen Deutschlands Entwürfe vorlegen lassen, wie die Arbeitsweise kirchlicher Kommissionen zur Gestaltung des Arbeitsvertragsrechts geordnet sein könnte. Diese Entwürfe sehen verbindliche Schlichtungsverfahren vor, die auch in den jeweiligen Ordnungen verankert wurden. Hieraus kann aber nicht ohne weiteres gefolgert werden, auch die Ordnung der AK müsse zwingend ein Schlichtungsverfahren ermöglichen. Die Bischöfe verweisen in ihrer Erklärung zum kirchlichen Dienst darauf, durch die Gestaltung der Arbeitnehmerbeteiligung am kirchlichen Arbeitsvertragsrecht werde die Möglichkeit eröffnet, dass jeder Interessenkonflikt Gegenstand einer Schlichtung sein könne. Selbst wenn man unter diesen Konflikten auch "Nichtbeschlüsse" der AK verstehen will, kann nicht unterstellt werden, die AK solle durch eine Schlichtung zu abändernden Beschlüssen gezwungen werden.

Schlichtungsvereinbarungen

Tarifverträge kommen in aller Regel nicht nach Arbeitskämpfen zustande, sondern im Wege von Verhandlungen oder nach Schlichtungssprüchen. Hierin liegt eine Annäherung des Tarifsystems an das sog. Konsensprinzip des Dritten Weges. Die Befürworter von Schlichtungsverfahren fordern, ähnlich wie nach erfolglosen Tarifverhandlungen müsse es auch nach einem gescheiterten AK-Beschluss weitergehen. Da Streik und Aussperrung nicht zur Verfügung stünden, bleibe nur die Schlichtung übrig, um Ergebnisse zu erzielen.

Mit diesem Argument, so schlüssig es klingen mag, kann die Zwangsschlichtung nicht begründet werden, weil deren Ergebnis nicht auf einem Beschluss der Kommission beruht. Hier ist vorab anzumerken, dass dem staatlichen und privatwirtschaftlichen Bereich eine Zwangsschlichtung unbekannt ist. Bei diesem Instrument handelt es sich um eine den Kirchen eigene Lösungsstrategie. Sie ist wegen der Garantie des Grundgesetzes, zur Förderung der Arbeitsbedingungen Koalitionen (mit ent-sprechender Durchsetzungsfähigkeit) bilden zu können, nur im kircheneigenen Dritten Weg anzutreffen.

Ein der Zwangsschlichtung vergleichbares Prozedere findet sich freilich in Schlichtungsabkommen. Es kommt vor, dass sich die Tarifvertragsparteien in einer Vereinbarung der zu treffenden Schlichtungsentscheidung Dritter unterworfen haben. Obwohl der Schlichtungsspruch in diesen Fällen nicht konkret zur Abstimmung gestellt wird, bleibt der vom Schlichter gefundene Tarifabschluss gleichwohl eine - vorab getroffene - Entscheidung der Tarifparteien. Sollte die AK eine entsprechende Verfahrensweise praktizieren wollen, müsste die Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission die Möglichkeit eines Schlichtungsabkommens zwischen Dienstgeber- und Mitarbeiterseite vorsehen oder die Kommission selbst müsste mit qualifizierter Mehrheit beschlossen haben, sich einem Schlichterspruch zu unterwerfen. Nach einem solchen Beschluss könnte die Schlichtung angerufen werden.

Eine solche Verfahrensweise entspräche den von den Bischöfen festgelegten Grundsätzen. Nach Art. 7 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsver-hältnisse werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Gestaltung ihrer Arbeitsbe-dingungen beteiligt, indem sie ihre Kommissionsmitglieder wählen. Die Mitglieder ihrerseits können nur qualifiziert überstimmt werden. Das kann nichts anderes bedeuten, als dass diese gewählten Vertreter auf die Entscheidungen der AK in jeder Phase des Beschlussprozesses Einfluss nehmen können. Die Arbeitsrechtliche Kommission über die AK-Ordnung vorab an eine Zwangsschlichtungsentscheidung zu binden, dürfte dem Prinzip widersprechen, beide Seiten an der Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu beteiligen: Dienstgeber wie Dienstnehmer müssen zu dem Ergebnis einer Schlichtung mit Mehrheit ja sagen können und dürfen nicht darauf verwiesen werden, dieses Ergebnis lediglich mit Dreiviertelmehrheit korrigieren zu können.

Angemessenheit

Mit der von der Dienstgeberseite vorgeschlagenen Zwangsschlichtung kann auch die Qualität der profanen Tarifschlichtung nicht erreicht werden. Tarifregelungen - auch solche nach Schlichtung - sind, so wird vermutet, angemessen. Diese Vermutung gründet sich auf das annähernde Kräftegleichgewicht der Tarifparteien, das durch die herkömmlichen Arbeitskampfmittel herbeigeführt wird. Dieses Gleichgewicht wird für die AK u. a. durch das Abstimmungsquorum von 75% hergestellt. Es ist verletzt, wenn ein Beschluss kraft Zwangsschlichtung Gültigkeit erlangen soll, der von dem Votum weniger Personen getragen wird.

Soll Schlichtung (anstelle des Arbeitskampfes) die Einigung auf einen Beschluss bewirken, muss sie die zumindest mehrheitliche Einigung derer enthalten, die vorher uneins waren. Andernfalls kann die Vermutung nicht eingreifen, die in der Schlichtung gefundene Regelung sei aufgrund Kräftegleichgewichts angemessen. Es wird eher der Verdacht genährt, eine Seite sei von der anderen "über den Tisch gezogen" worden.

Die Diskussion um das Für und Wider von Vermittlungsverfahren könnte sich erübrigen, wenn es der AK gelänge, wie in der Vergangenheit Beschlüsse zu fassen, die durch ihre Qualität überzeugen und deshalb weder der Schlichtung noch der Rechtskontrolle bedürfen. Qualität heißt, den Befürchtungen beider Seiten gerecht zu werden. Diese liegen auf Dienstgeberseite darin, ohne Veränderung der AVR die Konkurrenzfähigkeit einzubüßen, sie liegen auf Dienstnehmerseite darin, durch Veränderungen Einbußen im Einkommen und Abkoppelung von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung hinnehmen zu müssen.

Ist eine hohe Akzeptanz von AK-Beschlüssen durch ganz viele schlicht eine Vision oder eine zu schlichte Vision? Der Zentralrat wird die Antwort geben müssen

 

Kirchliche Mitarbeiter/innen - gut versorgt?

Diesen Eindruck könnten unsere Leser gewinnen, insbesondere diejenigen, die rentennahen Jahrgängen angehören, wenn sie die Diskussion über die Zukunft der Zusatzversorgung verfolgen:

Der Gesetzgeber hat entschieden, Angehörige des öffentlichen und kirchlichen Dienstes dürften weder die staatliche Förderung nach der "Riesterrente" in Anspruch nehmen noch dürften sie steuer- und sozialabgabenfreie Aufwendungen für ihre Betriebsrente im Wege der sog. Entgeltumwandlung leisten. Diese Entscheidung wird damit begründet, die bei der Kirche oder beim Staat Zusatzversicherten erhielten nach 40 Dienstjahren 91,75 % ihres letzten Nettogehaltes als Versorgung. Daher brauchten sie nicht privat vorzusorgen.

Diese Wertung trifft für den weitaus überwiegenden Teil kirchlicher Mitarbeiter nicht zu. Caritasbeschäftigte erreichen in aller Regel die Höchstversorgung nicht. Das liegt daran, dass sie als so genannte Seiteneinsteiger in das Versorgungssystem erst im Laufe ihres Berufslebens zur Caritas stoßen oder daran, dass ihre Berufstätigkeit durch Familienzeiten unterbrochen wird.

Den Versorgungssatz von 91,75% bekommen bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse gerade einmal 7% der Versicherten. Alle anderen erhalten weniger Rente.

  1. Nach Abzug der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung beträgt die Rente nicht mehr 91,75%, sondern nur noch rund 84%. Bei weniger als 40 Dienstjahren sinken die Alterseinkünfte weiter ab.
  2. Versicherte, die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung verdient haben, haben deutlich höhere Abzüge zu erwarten, weil ihnen die kostengünstige Krankenversicherung der Rentner versperrt ist und sie die vollen Kassenbeiträge (abzüglich eines Zuschusses der gesetzlichen Rentenversicherung) entrichten müssen.
  3. Die Zusatzversorgungskasse billigt nur dann die Berechnung des Versorgungsniveaus nach Steuerklasse 3 zu, wenn der Ehepartner noch lebt oder mindestens ein zu versorgendes Kind existiert.
  4. Nur noch gut die Hälfte (58%) aller Versicherten erreicht heutzutage die Versorgungsrente. Die Übrigen müssen mit der weit geringeren Versichertenrente auskommen.

Im Durchschnitt stockt die kirchliche Zusatzversorgungskasse die gesetzlichen Renten um 20% auf. Diese im Vergleich zur Wirtschaft günstige Quote wurde freilich mit Nachteilen erkauft. So wurde die alleinige Übernahme der Beiträge durch die Dienstgeber mit geringeren Gehaltssteigerungen und längeren Arbeitszeiten in den siebziger Jahren kompensiert. Außerdem liegt das Gehaltsniveau unter und die Arbeitszeiten kirchlicher Beschäftigter liegen deutlich über denen ihrer Kollegen in der Wirtschaft. Den Anschluss an die Gehälter des Öffentlichen Dienstes haben die Caritasbediensteten erst vor rund 30 Jahren geschafft, ganz zu schweigen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ostens, deren Einkünfte jahrzehntelang unter dem allgemeinen Niveau dort lagen.

Von einer opulenten Versorgungssituation kirchlicher Mitarbeiter kann daher nicht die Rede sein, geschweige denn davon, sie werde sich bei einem Umstieg in ein anderes System verbessern.

Ausblick

Nach den bisherigen Erkenntnissen laufen nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Rentner Gefahr, an der Finanzierung ihrer Zusatzrenten beteiligt zu werden:

  • Die Rentner sollen beteiligt werden, indem ihre Zusatzrenten künftig am 1. Juli eines jeden Jahres wie im öffentlichen Dienst nur um 1% erhöht werden. Die Kasse selbst räumt ein, dass durch eine solche Maßnahme wegen des fehlenden Inflationsausgleichs ein realer Verlust bei den Rentnern eintreten wird. Eine ganz besondere Gnade der frühen Geburt!
  • Die rentennahen Jahrgänge wären von der geplanten Mitfinanzierung über geringere Rentensteigerungen ebenso betroffen wie die Rentner, weil sie die Verluste nicht mehr durch eine eigene Riesterrente ausgleichen können.
  • Die Gewerkschaften räumen für die von ihnen per Tarifvertrag vereinbarte Zusatzrente nach dem Punktemodell ohne Umschweife ein, die Rente werde langfristig unter dem bisherigen Niveau liegen. Es mag spekuliert werden, ob die kirchlichen Geldexperten ein besseres Ergebnis als ihre profanen Kollegen zu erzielen vermögen. Damit rechnen offenbar die Gewerkschaften: Ihr Verhandlungsführer Martin konstatiert, "der Klerus stehe am besten da". Die kirchlichen Kassen finden in der Tat bessere Gewinnvoraussetzungen als ihre Konkurrenten vor, denn sie dürfen harte Euros zu vermehren versuchen, während jene die Verzinsung weitest gehend vorgegeben bekommen und nur so tun dürfen, als sei echtes Kapital in ihre Kassen geflossen.
  • Allzu erfolgreich dürfen die Zusatzversorgungskassen in dem neuen System ohnehin nicht sein, weil sie ansonsten die Riesterförderung riskieren. Der Finanzminister würde vermutlich bei allzu erfreulichem Geschäftsverlauf argumentieren, es bedürfe keiner staatlichen Förderung, weil die Kürzungen der gesetzlichen Rente ja ohnehin wie in der Vergangenheit von den Zusatzversorgungskassen ausgeglichen würden.
  • Um die vom Gesetzgeber beschlossenen Rentenabsenkungen aufzufangen, müssen die Beschäftigten zusätzliche eigene Beträge für ihre Alterssicherung aufwenden. Sie sind aufgerufen, bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (rund 177 EUR monatlich) in die betriebliche Altersversorgung einzuzahlen. Hierfür gibt es im Rahmen von Höchstbeträgen steuerliche Erleichterungen und ggf. Sozialabgabenfreiheit und/oder die staatliche Riester-förderung nach Wahl der Einzelnen. Schöpfen gut Betuchte die Förderung nicht aus, können weitere Beträge pauschal versteuert werden.

Die Ein-Prozent-Anpassung der Renten muss vom Tisch!

Es mag auf Grund der desolaten Kassenlage einiger Zusatzversorger angebracht sein, die künftige Rentenanpassung schon heute als mit einem Prozent angemessen bemessen festzuschreiben. Für die kirchliche Zusatzversorgungskasse ist eine solche Fixierung angesichts der soliden Kassenlage weder erforderlich, noch akzeptabel noch in irgendeiner Weise gerechtfertigt.

WvF

Verdoppelte Zulage für Intensivschwestern und Intensivpfleger

Die AVR regeln in Ziffer 1 der Anmerkungen zu den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppen Kr 1 bis Kr 14 der Anlage 2a eine Vielzahl von Sachverhalten, die eine Zulage auslösen.

Nach Absatz 1a der Ziffer 1 erhalten Pflegepersonen der Vergütungsgruppen Kr1 bis Kr7, die zeitlich überwiegend in Einheiten für Intensivmedizin Patienten pflegen, für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 46,02 EUR die so genannte Intensivzulage.

Bereits in der Vergangenheit war umstritten, ob das auf Intensivstationen beschäftigte Personal daneben die Voraussetzungen einer Zulage nach Absatz 1 erfüllen kann. Absatz 1 sieht unter dem Buchstaben b) für Pflegepersonen der Vergütungsgruppen Kr 1 bis Kr 7, die die Grund - und Behandlungspflege zeitlich überwiegend an Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abtei-lungen ausüben, eine Pflegezulage in Höhe von 46,02 EUR vor.

Nach Buchstabe d) wird die Pflegezulage auch an Personen gezahlt, die gelähmte oder an Multipler Sklerose erkrankte Patienten zeitlich überwiegend pflegen.

In einem Urteil vom 26.01.1994 - 10 AZR 480/92 hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, die Pflegezulage nach Buchstabe 1b) müsse bei Vorliegen der Voraussetzungen zusätzlich zur Intensivzulage gezahlt werden. Dieses Urteil hat die Praxis zu einem nicht geringen Teil ignoriert, weil sich der Verband Kommunaler Arbeitgeber (VKA) mit dem Hinweis, niemand könne gleichzeitig zwei Zulagenvoraussetzungen erfüllen, dagegen ausgesprochen hat.

Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 23.02.2000 - 10 AZR 91/99 - NZA 2001 Seite 845 erneut festgestellt, die Pflegezulage könne zusätzlich zur Intensivzulage gezahlt werden. Diesmal ging es um Patienten, die aus therapeutischen Gründen durch Medikamente in den Zustand der Bewusstlosigkeit versetzt werden. Das Gericht befand, diese Patientengruppe sei als gelähmt im Sinne der Zulagenregelung anzusehen, folglich müsse die Pflegezulage neben der Intensivzulage gezahlt werden.

Dieses Urteil trifft nach unserer Einschätzung auf eine Vielzahl von Intensivbehandlungen zu. Wir empfehlen daher den betroffenen Pflegekräften, die Zahlung der Pflegezulage umgehend unter Beachtung der Ausschlussfrist rückwirkend für 6 Monate geltend zu machen. Teilzeitkräfte haben den Anspruch entsprechend ihrem Beschäftigungsumfang.

WvF

KLARSTELLUNG

Der Anspruch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich des Deutschen Caritasverbandes, Teile ihres Arbeitsentgeltes zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung umzuwandeln, wird laut Mitteilung des Deutschen Caritasverbandes durch den sog.. Tarifvorbehalt ausgeschlossen. Entgeltumwandlung sei erst möglich, wenn die AVR entsprechend geändert worden seien.

Das Betriebsrentengesetz verbietet tarifgebundenen Arbeitgebern die Entgeltumwandlung, wenn der für sie maßgebliche Tarifvertrag die Entgeltumwandlung nicht ausdrücklich regelt oder zulässt. Tarifbindung gilt im allgemeinen dann, wenn Arbeitgeber wie Arbeitnehmer Mitglieder von Tarifvertragsparteien sind.

Die Gleichsetzung arbeitsrechtlicher Normen des Caritasbereichs mit den Normen der Tarifvertragsparteien bedeutet, dass Caritasdienstgeber ohne Wenn und Aber an ihren AVR-Tarifvertrag gebunden sind. Sie können ihre Beschäftigten selbst dann nicht untertariflich bezahlen, wenn diese mit einer untertariflichen Bezahlung einverstanden sind.

WvF

"Dienstgemeinschaft" mit einer neuen Bedeutung als rechtlich verpflichtende "AVR-Tarifgemeinschaft"?! Das wär's dann doch endlich – oder? (Siehe AKM Nr. 15)