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Aktuell Mai 2000

Vom Salatteller zum Leistungsprofil

Datenschützer wollen Informationssammlungen am Arbeitsplatz verhindern

Nach der Bundestagswahl hat die Regierung angekündigt, das Datenschutzrecht neu zu gestalten. Bisher ist jedoch nicht allzu viel passiert. Jetzt fordern Datenschützer ein Gesetz für den Firmenalltag.

Stuttgarter Zeitung 20.05.2000 Von Michael Werner


Wer denkt beim Mittagessen in der Kantine schon an so etwas: dass der Arbeitgeber mit den Datensätzen der Essensausgabe Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers ziehen könnte. Zeugen übermäßig viele Salatteller oder Diätmenüs am Ende von leistungshemmenden Zipperlein?

Dietrich Mildner macht sich solche Gedanken. Der Datenschutzbeauftragte des Flugzeugbauers Dornier hält ein so genanntes "Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz" für dringend erforderlich. Die Gefährlichkeit scheinbar harmloser Datensammlungen, so sagt er, liege darin, dass diese sich zu einem Mitarbeiterprofil zusammenfassen lassen. Firmen würden, so assistiert Mildners Kollege Rolf Maurer, der Datenschutzbeauftragte beim Maschinenbauer MTU, vor allem junge, gesunde und leistungsfähige Mitarbeiter aussuchen. Auch auf Grund von Datensammlungen in der Kantine oder durch unzulässige Fragen nach der persönlichen Krankengeschichte beim Einstellungsgespräch?

Die Arbeitswelt hat sich durch den Einsatz moderner Formen der Informations- und Kommunikationstechnik geändert. Unternehmen böte sich heute die Möglichkeit, Daten über das Leistungsprofil von Mitarbeitern zu sammeln, ohne diese vorher darüber zu informieren. Sei es durch Videokameras am Arbeitsplatz oder über die Dokumentation der Internetaktivitäten von Mitarbeitern. Das Grundproblem bei derlei Kontrollmöglichkeiten sei, dass diese gesetzlich nicht geregelt seien, erläutern die Datenschützer. Streitigkeiten würden nur auf Grund von Richterrecht geregelt. "Um ein Äquivalent zu der starken Position des Arbeitgebers zu schaffen", sagen aber die Datenschützer, bestehe ein dringender Handlungsbedarf für eine gesetzliche Regelung.

Der Bundesvorsitzende des Berufsverbandes der Datenschutzbeauftragten Deutschlands, Gerhard Kongehl, sagt: "Kontrolle ist nur so weit gestattet, wie es zur Erfüllung des Arbeitsvertrages notwendig ist." Die Datenschutzbeauftragten appellieren deshalb an die Bundesregierung, im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie zum Datenschutz noch in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden.

Geklärt werden müßten, so die Datenschützer, nicht nur die Kontrollbefugnisse der Arbeitgeber, sondern auch die Einsichtsrechte der Arbeitnehmer. Und zwar schnell.