Stellungnahme der BAG-MAV zum Eckpunktepapier der
Projektsteuerungsgruppe "Novellierung der Rahmenordnung für
eine Mitarbeitervertretungsordnung" der Kommission für Personalwesen
des Verbandes der Diözesen Deutschlands (Stand 19.11.2001)
Sehr geehrte Frau Schüling, sehr geehrte
Herren!
Die Projektsteuerungsgruppe hat ein "Eckpunktepapier"
erarbeitet, bei dem Prof. Dr. Gregor Thüsing die Ausarbeitung maßgeblich
und federführend übernommen hat. Zu diesem Papier findet eine
schriftliche Anhörung statt, die Einreichungsfrist ist der 9.1.2002.
Die BAG MAV nimmt wie folgt Stellung:
I. Verfahren:
1. Die Kommission für Personalwesen hat
im Februar 2001 ein Gespräch mit dem Vorstand der BAG MAV
geführt. In diesem Gespräch stellte Herr Verwaltungsdirektor
Heer das beabsichtigte Novellierungsverfahren zur Diskussion. Herr Heer
erläuterte, dass vergleichbar zu einem Gesetzgebungsverfahren eine
Projektsteuerungsgruppe das Verfahren übernehme und in 3 Abschnitten
Anhörungen vornehme: zu Gegenstand und Umfang der Novellierung,
zu einem Referentenentwurf sowie zum Gesetzentwurf. Die PWK wolle die
inhaltliche Arbeit an Herrn Prof. Dr. Thüsing abgeben. Die BAG
MAV hatte das Verfahren begrüßt, weil sie davon ausging
(und das auch so benannte), dass die PWK keinen inhaltlichen Part bei
der Novelle übernehme, sondern die Dienstgeberseite Beteiligte
sei.
2. In der ersten Anhörung waren Dienstgebervertreter
der verfassten Kirche und der Caritas als Beteiligte vertreten.
3. Die PWK hat sich nach der ersten Anhörung
(schriftlich) nachweislich mit den Inhalten der Novelle befasst, zur
Septembersitzung lag ihr eine Ausarbeitung des Eckpunktepapiers von
Prof. Thüsing vor. Hier wurde wohl auch eine Vorauswahl für
die Sitzung der Generalvikare (Verwaltungsrat) getroffen, denn im Beschlussantrag
für den Verwaltungsrat waren wesentliche Anliegen der Mitarbeiterseite
(auch der KAB und des ZKD) nicht mehr enthalten. Dies ist eine äußerst
problematische Einmischung in das von der PWK selbst vorgeschlagene
Verfahren. Prof. Thüsing scheint demnach kein neutraler Experte
zu sein, der sich mit den Möglichkeiten der Gestaltung der MAVO
auseinandersetzt, sondern ein gutachterlicher Vertreter von Dienstgeberinteressen.
4 .Die Projektsteuerungsgruppe hat ihre Aufgabe
in unzulässiger Weise ausgeübt. Nach dem deutschen Sprachgebrauch
bedeutet "ein Projekt zu steuern" Anhörungen zu veranstalten,
die Ergebnisse zu sichten und für Entscheidungen vorzubereiten,
den Verfahrensablauf zu gewährleisten, nicht aber ein Eckpunktepapier
zu erarbeiten. (s. Anschreiben zum Eckpunktepapier)
5. Im Ablaufplan für die Novellierung war
für die zweite Phase ein Referentenentwurf angekündigt. Rein
vom Zeitplan könnte man vermuten, dass das Eckpunktepapier der
Referentenentwurf ist. Das Papier setzt sich aber so oberflächlich
und wenig fundiert mit der vorgegebenen Thematik auseinander, dass man
es kaum als "Referentenentwurf", sondern allenfalls als "Brainstorming"
bezeichnen kann. Die BAG-MAV erwartet daher in absehbarer Zeit die Vorlage
eines Referentenentwurfes, der diesen Namen auch verdient.
6. Insofern wird sich die BAG-MAV auch nicht
detailliert bis zum 9. Januar mit den Inhalten der vorgelegten Aussagen
abschließend auseinandersetzen. Sie geht davon aus, dass Präzisierungen
in einem Referentenentwurf folgen, der ausgewogen Chancen, Möglichkeiten
und Grenzen für eine Novellierung der MAVO in den Blick nimmt.
Ungeachtet dessen bedient sich die BAG-MAV juristischen Sachverstands
und wird Anfang Februar inhaltlich Stellung zur Novellierung nehmen.
Weiterhin wird die BAG-MAV bis Anfang Mai eine sozialethische Bewertung
der Gestaltungsmöglichkeiten einer MAVO aus der Sicht der Katholischen
Soziallehre heraus vorlegen.(s. auch II. Inhalte). Die von der Projektsteuerungsgruppe
vorgegebene Frist (4 Wochen + die Zeit zwischen den Jahren) für
die jetzige Anhörung nährt den Verdacht, dass den Beteiligten
eine qualifizierte inhaltliche Auseinandersetzung mit einer hochkomplexen
Materie erschwert werden soll. Es besteht Konsens mit Vertretern der
Dienstgeberseite, dass diese Zeit zu kurz ist.
Fazit: Das Novellierungsverfahren entwickelt sich
entgegen der ursprünglichen Intention hochgradig unfair und widerspricht
eklatant einem angezielten Interessenausgleich zwischen Dienstgeber-
und Mitarbeitervertretern in einer Mitarbeitervertretungsordnung, die
die Spielregeln für die Gestaltung des Begriffs "Dienstgemeinschaft"
festlegen soll. Es besteht der Verdacht, dass den HH Generalvikaren
keine Entscheidungsmöglichkeit aufgrund der gesamten Eingaben ermöglicht
war.(Beweis: Beschlussantrag zur Verwaltungsratssitzung Oktober2001).
Beschwerde hierüber ist beim Verband der Diözesen eingereicht.
II. Inhalte
1. Der Duktus des Papiers lässt jegliche
Neutralität vermissen. Vage Formulierungen werden zwar häufig
bemüht (möglicherweise, eher, wohl nicht, besteht Unsicherheit
usw.), genauso häufig werden aber Wertungen vorgenommen. Im Papier,
das bereits mit zumindest ähnlichem Inhalt Mitte September 2001
der PWK vorlag, wird vom Experten bereits eine Vorauswahl getroffen,
die mehrere vorgetragene Anliegen der BAG MAV ausblendet.
2. Die Argumentation zur Kirchenautonomie S.
4 Eckpunktepapier ist nicht zwingend, die Zitierung aus dem benannten
BVerfGe. Urteil verkürzt und unvollständig wiedergegeben.
Dadurch entsteht eine manipulierende Schlussfolgerung.
3. Die Argumentation zum Tendenzschutz verkennt
entscheidend, dass an die kirchliche Betriebsverfassung nicht der Anspruch
der weltlichen Betriebsverfassung, sondern der der kirchlichen Dienstgemeinschaft
zu setzen ist. Die Forderung der Mitarbeiterseite nach einer Ausweitung
der betrieblichen Mitbestimmung beruht auf den Aussagen der Katholischen
Soziallehre und der gesellschaftspolitischen Notwendigkeit, die Mitbestimmungsrechte
in kirchlichen Einrichtungen zu stärken; sie beruht nicht auf systematischen
oder inhaltlichen Vergleichen mit dem Betriebsverfassungsgesetz. Diese
Forderung ist nichts anderes als die Umsetzung der Katholischen Soziallehre
in praktische Politik. Erkenntnisse aus dem BetrVG sind lediglich Hilfskonstrukte
für eine kirchengemäße Lösung.
4. Es wurde von Mitarbeiterseite keine Mitbestimmung,
die der Eigenart der kirchlichen Einrichtungen widerspricht, gefordert.
Vielmehr wurde bei den Forderung der Mitarbeiterseite nach mehr Mitbestimmung,
wie dies auch in der Präambel der MAVO festgelegt wurde, immer
die Verfasstheit der Kirche, ihr Auftrag und die kirchliche Dienstverfassung
berücksichtigt.
5. Die Argumentation verkennt weiter, dass weltlichen
Tendenzbetrieben viel weitergehende Mitbestimmungsmöglichkeiten
außerhalb der Tendenzeinschränkung zur Verfügung stehen
als kirchlichen Einrichtungen. Die Frage, ob kirchliche Einrichtungen
überhaupt Tendenzbetriebe sind, ist nicht schlüssig aufgearbeitet.
Das Betriebsverfassungsgesetz stellt in § 118 Abs. 2 lediglich
fest, dass die kirchlichen Einrichtungen aus dem Gesetz ausgenommen
sind und damit eigene Regelungen treffen können.
6. Die Idee, die Belange der Belegschaft bei
der Flexiblisierung von Vergütungsbestandteilen über §
38 Abs.2 durch einen Genehmigungsvorbehalt des DIAG MAV - Vorstandes
zu sichern, ist nur auf der Grundvoraussetzung der Mitbestimmung der
MAV in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu realisieren. Insofern widerspricht
der Prof. Thüsing seiner eigenen Argumentation. Die Annahme, eine
MAV könnte/würde wirtschaftliche Entscheidungen ohne einen
strukturell verankerten Zugang zu den wirtschaftlichen Gegebenheiten
fällen, ist geradezu abenteuerlich. Hierzu hat auch die Mitarbeiterseite
der AK des DCV bereits unmissverständlich Stellung genommen.
Fazit: Das Eckpunktepapier setzt sich nicht mit
allen Eingaben aus der Anhörung über Gegenstand und Inhalt
der Novellierung auseinander, dadurch filtert und manipuliert es. Es
ist kein Papier, das sich mit Chancen und Grenzen der Mitbestimmung
im kirchlichen Dienst befasst, sondern es ist eher eine "Abrechnung"
mit den Vorstellungen der Mitarbeiterseite. Es ist zum Teil in sich
widersprüchlich und wird den Erwartungen an einen Referentenentwurf
nicht gerecht.
Angesichts der dargelegten Unzulänglichkeiten
des Verfahrens wie der inhaltlichen Argumentation wird sich die BAG
MAV für ihre Position werbend in den kommenden
Monaten verstärkt an die Kirchenleitungen und die Öffentlichkeit
wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Gez. Günter Däggelmann
(Vorsitzender)