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Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft

Hintergrundinformation (Den Richtlinienvorschlag finden Sie im Volltext hier)

 

Mehr Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa

Nach langen Verhandlungen ist die Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft am 18.02.2002 erlassen worden.

Die Richtlinie setzt europaweit Mindeststandards. Die in verschiedenen Mitgliedstaaten bestehenden Lücken im Recht der Arbeitnehmervertretung werden damit geschlossen. Der Geltungsbereich der Richtlinie umfasst entweder Unternehmen mit mindestens 50 Arbeitnehmern oder Betriebe mit mindestens 20 Arbeitnehmern in einem Mitgliedstaat. Die Richtlinie bezieht sich auf private oder öffentliche Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten unter anderem dazu, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Beschäftigungssituation, Beschäftigungsstruktur und -entwicklung, zur Arbeitsorganisation und zu Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen unterrichtet und angehört werden. Die stärkere Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer wird helfen, in schwierigen Situationen bessere Lösungen für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu finden. Die Arbeitnehmervertreter müssen frühzeitig unterrichtet werden, damit sie die Informationen angemessen prüfen und gegebenenfalls Anhörungen vorbereiten können. Damit wird deutlich gemacht: Eine verspätete oder nachträgliche Unterrichtung widerspricht dem Zweck der Unterrichtung. Vorkommnisse wie in Vilvoorde sollen zukünftig vermieden werden.

Für den Fall des Verstoßes haben die Mitgliedstaaten geeignete Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zur Durchsetzung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen sowie abschreckende Sanktionen vorzusehen. Die Anhörung hat auf der maßgeblichen Leitungs- und Vertretungsebene des Unternehmens oder Betriebs zu erfolgen. Grundlage der Anhörung sind die vom Arbeitgeber zu liefernden Informationen und gegebenenfalls eine Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter.

Bundesarbeitsminister Walter Riester: “Die Arbeitnehmervertretung hat einen Anspruch darauf , dass sich der Arbeitgeber mit ihrer Stellungnahme auseinander setzt und seine Antwort begründet. Die Anhörung erfolgt daher zu Recht mit dem Ziel, bei wesentlichen Veränderungen eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmervertretung und Arbeitgeber zu erreichen. Hier ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Partner in den Betrieben und Unternehmen gefordert.³

Mit dem Erlass der Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft wird die Stärkung der Arbeitnehmerrechte in Europa erfolgreich fortgeführt. Die Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

 

Neue Richtlinie über Information und Anhörung der Arbeitnehmer ist laut Kommission „ein modernes Unternehmensinstrument“

Brüssel, 17. Dezember 2001. Heute führte ein Kompromisspaket der Kommission erfolgreich eine einstimmige Einigung herbei über eine Richtlinie mit Regelungen für Unternehmen, die ihre Beschäftigten unterrichten und anhören. Dem gingen drei Jahre häufig lebhafter Debatten voraus. Die neue EU-Rahmenrichtlinie, die jetzt in das einzelstaatliche Recht der 15 Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss, verpflichtet alle Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten, echte Unterrichtungen und Anhörungen der Arbeitnehmer vorzusehen. Diese müssen vor wichtigen Unternehmensentscheidungen stattfinden, insbesondere solchen, die Arbeitsplätze betreffen. Die Rahmenrichtlinie tritt in drei Jahren in Kraft, lässt aber längere Gnadenfristen für kleine Unternehmen in den Mitgliedstaaten zu, in denen es keine Tradition einer formalisierten Information und Anhörung in den Unternehmen gibt. Die Regierungen müssen Sanktionen festlegen, die geeignet sind, die Unternehmen von Verstößen gegen die Richtlinie abzuhalten. Es handelt sich hier um den ersten EU-Rechtsakt, der die Verpflichtung zur Information und Anhörung der Beschäftigten allgemeinverbindlich macht. Bisher waren in Richtlinien spezielle Situationen festgelegt worden, in denen Unternehmen zu einem Meinungsaustausch mit den Arbeitnehmern verpflichtet sind: Massenentlassungen, Unternehmensübergänge oder Vorhandensein eines Europäischen Betriebsrats.

Anna Diamantopoulou, die für Beschäftigung und Soziales zuständige Europäische Kommissarin, bemerkte dazu: „Diese Richtlinie bietet einen „narrensicheren“ Schutz der Beschäftigten und, wenn sie geschickt eingesetzt wird, kann sie ein modernes Hilfsmittel für die Unternehmenstätigkeit werden. Unternehmen werden bereits durch aufgeklärtes Eigeninteresse dazu gebracht, den Wandel vorwegzunehmen und in den Griff zu bekommen und viele Firmen ziehen dabei bereits Beschäftigte hinzu. Alle Unternehmen sollten ein Mindestmaß an Engagement dieser Art aufbringen.“

Mit der Richtlinie sollen in Unternehmen in der EU Mindeststandards für Information und Anhörung der Beschäftigten vorgegeben werden. Eingedenk des Grundsatzes der Subsidiarität lässt sie den Mitgliedstaaten und ihren Unternehmen einen erheblichen Spielraum, um die Regeln gemäß ihren Interessen anzuwenden. Allerdings werden Mitgliedstaaten oder Unternehmen nicht daran gehindert, über die Bestimmungen der Richtlinie hinauszugehen.

Die Kommission unterstützt Bemühungen zur Förderung des sozialen Dialogs von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aktiv. Auf dem Sozialgipfel unmittelbar vor der Tagung von Laeken begrüßte die Kommission die Ankündigung der Sozialpartner auf europäischer Ebene, sich bis Ende 2002 auf ein Mehrjahresarbeitsprogramm zu einigen [IP/01/1809]. Darüber hinaus ermutigt die Kommission die Wirtschaft dazu, moderne Arbeitsbeziehungen als Teil ihrer freiwilligen Programme für „Corporate Social Responsibility (soziale Verantwortung der Unternehmen)“ zu entwickeln [IP/01/1025]. Im Bereich der Unternehmensumstrukturierung wird die Kommission binnen kurzem eine förmliche Anhörung der Sozialpartner einleiten. Damit will sie der Möglichkeit weiterer Initiativen nachgehen, auf die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglicherweise einigen, um den Wandel am Arbeitsplatz erfolgreich zu bewältigen. Dies könnte z. B. mit Hilfe von Programmen zur Aktualisierung der Arbeitnehmerqualifikationen geschehen.

Hintergrund

Die Kommission legte ihren Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Information und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Union am 11. November 1998 vor. Rechtsgrundlage für die Richtlinie ist Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag. Die Richtlinie muss auf dem Wege der Mitentscheidung und durch Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Rat verabschiedet werden (der endgültige Kompromiss der Kommission kam allerdings einstimmig zu Stande). Das Europäische Parlament hat dem Vorschlag durchweg hohe Priorität eingeräumt. Die Richtlinie erfasst alle Unternehmen mit mindestens 50 Angestellten; diese machen weniger als 3% aller EU-Unternehmen (damit liegen 97% der EU-Firmen außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie) und etwa 50% der Beschäftigten in der EU aus.