Die Abmahnung ist ein gesetzlich nicht geregeltes, von der Rechtsprechung
aus § 326 BGB hergeleitetes Verfahren, um auf arbeitnehmerseitiges
Fehlverhalten zu reagieren.
Aus dem Verhältnismäßigkeits- und dem Fürsorgeprinzip
des Arbeitgebers folgt, daß arbeitsrechtlich die Kündigung
das letzte äußerste Mittel darstellen muß, um arbeitsvertragliche
Verstöße des Arbeitnehmers zu ahnden (Ultimaratioprinzip).
Dies ergibt sich aus der fundamentalen Bedeutung des Arbeitsverhältnisses
für den Arbeitnehmer, aus dessen Kündigung für ihn unverhältnismäßig
große soziale Probleme entstehen können.
In der arbeitsrechtlichen Praxis existieren je nach Schweregrad des
arbeitnehmerseitigen Fehlverhaltens Stufungen der dagegen gerichteten
Arbeitgeberreaktionen. Es sind dies Er- und Abmahnung und schließlich
ordentliche bzw. außerordentliche (fristlose) Kündigung.
Während Ermahnungen erstmaligem oder geringwertigem Fehlverhalten
vorbehalten sein sollen, wird die Abmahnung bei wiederholten oder gravierenden
Pflichtverletzungen praktiziert.
Beiden gemeinsam ist die Pflicht zur Anhörung des Arbeitnehmers,
dem zweckmäßigerweise das Fehlverhalten schriftlich mitgeteilt
wird, zu dem er sich binnen einer festgelegten Frist ebenfalls schriftlich
äußern kann.
Diese Stellungnahme wird ebenso wie die Er- und Abmahnung Bestandteil
der Personalakte. Durch Erteilung einer Er- bzw. Abmahnung gibt der
Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu erkennen, daß er dessen Fehlverhalten
nicht zum Anlaß nimmt, den Inhalt oder den Bestand des Arbeitsverhältnisses
betreffende Maßnahmen wie Versetzung oder Kündigung zu ergreifen.
Spezifisch für die Abmahnung allerdings ist, daß dem Arbeitnehmer
für den Fall einer erneuten arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung
eben diese angedroht werden (Warnfunktion).
Inhaltlich hat eine Abmahnung folgende Kriterien zu erfüllen:
- Hinweisfunktion: Aufzeichnung der Vertragsverletzung
- Rügefunktion: Darlegung, daß und warum eine solche Vertragsverletzung
vorliegt
- Warnfunktion: Ankündigung arbeitsrechtlicher Konsequenzen (müssen
benannt werden).
In der Abmahnung ist das beanstandete Verhalten in zeitlicher und örtlicher
Hinsicht genau zu bezeichnen. Es braucht kein verschuldetes Verhalten
vorliegen, ausreichend ist die objektive Pflichtwidrigkeit. Der Arbeitgeber
hat Tatsachen und keine Werturteile anzugeben.
Beispiele:
- wiederholte Unpünktlichkeit mit Daten und zeitlichem Ausmaß
als Tatsachen;
- mangelnde Führungsqualität, mangelnder Leistungswille,
negative Einstellung zur Dienststelle als Werturteile.
Sind im Rahmen einer Ab- oder auch Ermahnung mehrere Pflichtverletzungen
dargelegt, von denen sich nur eine als unrichtig erweist, so ist die
gesamte Ab- bzw. Ermahnung unwirksam!
Die Abmahnung ist grundsätzlich Voraussetzung für eine verhaltensbedingte
(Änderungs-)Kündigung, sobald das Arbeitsverhältnis länger
als 6 Monate (Probezeit) besteht und, nach Differenzierung des BAG,
solange es sich um die Verletzung des Leistungs- und nicht des Vertrauensbereiches
handelt.
Die Abmahnung hat den Zweck, dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur positiven
Verhaltensänderung zu geben. Bei Pflichtverletzungen im Vertrauensbereich
wie Diebstählen ist in der Regel keine Abmahnung erforderlich.
Es können mehrere Abmahnungen wegen unterschiedlicher Pflichtverletzungen
ausgesprochen werden. Für die Kündigung gilt, daß die
Pflichtverletzung, die als Kündigungsgrund dient, mit dem bereits
abgemahnten Fehlverhalten gleichartig sein muß.
Zur Anhörungspflicht des abzumahnenden Arbeitnehmers gibt es interessante
Urteile aus der Rechtsprechung (LAG Hamm 1992, BAG 1992), daß
der formelle Fehler der unterlassenen Anhörung zur Abmahnung zwar
deren Entfernung aus der Personalakte rechtfertigt, sie bei objektivem
Zutreffen des gerügten Fehlverhaltens aber im Kündigungsschutzprozeß
als wirksam angesehen wird.
Über die Dauer des Verbleibens der Abmahnung in der Personalakte
existieren keine Regelfristen. Indiziert scheint das Verbleiben bei
leichten Verfehlungen bis zu zwei, bei schwersten bis zu fünf Jahren.
Hier erscheint Einigung zwischen Dienstgeber und MAV wünschenswert.
Gegen Ab- wie auch Ermahnung kann der betroffene Arbeitnehmer arbeitsgerichtlich
mit dem Ziel der Unwirksamkeit oder lediglich der Entfernung aus der
Personalakte klagen. Es ist keine Sofortklage zwingend erforderlich,
gegen die Abmahnung kann auch im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens
nach erfolgter Kündigung geklagt werden.