Mürrische Chefs, verschüchterte Mitarbeiter,
mieses Betriebsklima - die Atmosphäre zwischen Chefs und Mitarbeitern
ist empfindlich gestört. Eine aktuelle Umfrage vom Münchner
Institut für Rationelle Psychologie und der Zeitschrift XXLiving
zeigt, daß die wenigsten mit ihren Vorgesetzten zufrieden sind.
Befragt wurden 2296 Frauen und 2382 Männer von 16 bis 55 Jahre.
Ergebnis: Die meisten halten ihre Chefs für durchsetzungsfähig,
fachkompetent und belastbar. Doch ihnen fehlen die weichen Führungseigenschaften,
das offene Ohr für den Mitarbeiter, die Fähigkeit zu motivieren
und der Mut, Fehler einzugestehen.
"Noch herrschen Machtbesessenheit und menschliche Eitelkeiten in deutschen
Firmen vor, was unweigerlich zu Reibungsverlusten und Konflikten führt",
sagt Thomas Etzel, Rechtsanwalt in München gegenüber XXLiving.
KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozeß), VIT (Verbesserung
im Team) und ähnliche Programme haben versagt. Seine Studie ergab:
90 Prozent der von ihm befragten 2000 Arbeitnehmer sind mit ihrem Chef
nicht zufrieden. Mehr als ein Viertel der Berufstätigen haben innerlich
gekündigt.
Diesen Verlust an Energie und Kreativität kann sich keine Volkswirtschaft
auf Dauer leisten. Viele Menschen reagieren auf ein schlechtes Betriebsklima
nicht nur mit "Arbeit nach Vorschrift", sondern auch mit Nervosität,
Kopfschmerzen, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und Magenschmerzen.
Wenn Deutschland seine Bedeutung als Wirtschaftsstandort behalten will,
müssen Unternehmen ihre Mitarbeiter ernst nehmen. Herrschaftswissen
hat ausgedient. Der Mitarbeiter muß das Gefühl haben, gebraucht
zu werden. Ein Leitfaden kommt von der Unternehmensberatung Converdale
Team Management aus München. Sie zeigt in einer Studie, welche
Verhaltensweisen Mitarbeiter besonders nerven.
1. Bevormundung
Mitarbeiter wollen Entscheidungs- und Handlungsfreiräume. Sie
brauchen einen Chef, der ihnen im Zweifelsfall mit Rat und Tat zur
Seite steht - und sie dann wieder in Ruhe läßt.
2. Geheimniskrämerei
Mitarbeiter wollen wissen, was In der Firma los ist, wo es Erfolge
und wo es Probleme gibt. Sie verstehen ihren Chef als Informationsbroker,
erwarten von ihm Offenheit. Wenn er die Information nur einigen Mitarbeitern
zukommenläßt, entstehen Spannungen, das Team zerfällt.
3. Entscheidungsschwäche
Mitarbeiter legen Wert auf eindeutige Aussagen, zügige Entscheidungen,
Risikobereitschaft:.Halten sich ihre Vorgesetzten aus Angst; taktischer
Vorsicht oder machtpolitischem Kalkül bedeckt, reagieren sie
mit Dienst nach Vorschrift.
4. Unberechenbarkeit
Mitarbeiter wollen wissen, woran sie sind. Bestimmt die Tagesstimmung
des Chefs die Umgangsform, werden Lob und Kritik willkürlich
ausgesprochen, erweist sich Gunst als Maß aller Dinge, versiegt
die Arbeitsfreude.
5. Sprunghaftigkeit
Mitarbeiter sind flexibel in der Vorgehensweise, aber beharrlich
und zielorientiert in der Sache. Der Sinn ihres Tuns muß ihnen
verständlich sein. Springen Chefs ohne nachvollziehbare Gründe
planlos, unstet, ungeduldig von Ziel zu Ziel, fällt ihre Leistung
ab.
6. Taube Ohren
Mitarbeiter haben etwas zu sagen. Doch sie wollen sich nicht nur
mitteilen. Sie wollen mitreden. Kluge Vorgesetzte wissen: Leistung
entwickelt sich im Dialog, Monologe töten jedes Engagement.
7. Innovationsscheu
Mitarbeiter wollen Neues testen Ihre Ideen sind teilweise eigenwillig,
unorthodox und außergewöhnlich Vorgesetzte, die nach dem
Motto so haben wir das immer gemacht" stur in eine Richtung
laufen, blockieren die Kreativität ihrer Mitarbeiter.
8. Mißtrauen
Mitarbeiter wollen Fehler machen dürfen. Ein Chef, der jeden
Fehler ankreidet, mit Mißtrauen reagiert, verunsichert seine
Mitarbeiter.
9. Besserwisserei
Mitarbeiter tasten sich an Lösungen heran. Nichts steht ihnen
dabei mehr im Weg als ein besserwisserischer Vorgesetzter. Mitarbeiter
wollen Unterstützung, doch sie wollen keine Chefs, die alles
besser wissen.
10. Selbstbeweihräucherung
Mitarbeiter sind stark von ihrem Umfeld abhängig. Sie brauchen
Anerkennung von ihren Kollegen und ihrem Chef. Sie sind bereit, den
Erfolg als Gemeinschaftsergebnis zu akzeptieren, reagieren aber mit
abrupter Leistungsverweigerung, wenn sich ein Gruppenmitglied, insbesondere
der Vorgesetzte, in den Vordergrund spielt.
aus der Süddeutschen Zeitung, 54. Jahrgang, Nummer 210 vom 12./13.09.1998
Seite V1/1, HARTMUT VOLK
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