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Arbeitszeitkonto

 

Arbeitszeitkonto

Bisher konnten gemäß AVR Anlage 5b "Mobilzeit" (Kurzzeitkonten und Zeitgutschriften) sowie Anlage 5c "Langzeitkonten" Arbeitszeitkonten durch Dienstvereinbarung eingerichtet werden. Diese Regelungsmöglichkeiten wurden im Jahr 1998 in die AVR eingeführt, um die bestehende Praxis von "Plus und Minuszeiten" zu legalisieren. Die Bestimmungen zu den Ausgleichszeiträumen wurden als unflexibel und praxisfremd angesehen und daher in den Einrichtungen auch nicht gelebt bzw. umgesetzt.
Die Bestimmungen der AVR Anlage 5c standen seit dem 1. Januar 2009 nicht mehr im Einklang mit den Vorgaben des sog. „Flexi-II-Gesetzes“ (Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen); wurden aber zwischenzeitlich inhaltlich angepasst. Nach diesem Gesetz dürfen bei Langzeitkonten Wertguthaben nicht mehr in Zeit, sondern müssen zwingend in Geld und durch Dritte geführt werden, wobei es noch einen Bestandsschutz für bereits 2008 bestehende "in Zeit" geführte Langzeitkonten gibt.

 

Arbeitszeitkonten (Kurzzeitkonten) gemäß AVR Anlage 5b sind nur noch eingeschränkt möglich

Kurzzeitkonten haben die flexible Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen zum Ziel. Diese flexible Gestaltung kann mit Dienstvereinbarungen zu Arbeitszeitkonten gemäß AVR Anlage 5b realisiert werden. Auch bei Gleitzeitregelungen sind Zeitschwankungen nur über ein Arbeitszeitkonto zu erfassen.
Die Anlage 5b ist zwar vom Geltungsbereich der Anlagen 30 bis 33 zu den AVR nicht ausgenommen, aber die Inhalte der Anlage 5b verweisen auf nicht mehr geltende Bestimmungen der Anlagen 5, 6 sowie 6a - daher ist auf dieser Grundlage insbesondere die Faktorisierung von Entgelten nicht mehr möglich.
Damit sind ggf. die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Anlagen 30 bis 33 zu den AVR bestehenden Dienstvereinbarungen gemäß AVR Anlage 5b für den Geltungsbereich der Anlagen 30 bis 33 gemäß § 38 Abs. 3 Rahmen-MAVO unwirksam, denn Dienstvereinbarungen dürfen danach Rechtsnormen, insbesondere kirchlichen Arbeitsvertragsordnungen nicht widersprechen.

Bei Arbeitszeitkonten gemäß der Anlage 5b zu den AVR werden Abweichungen der individuellen Arbeitszeit gegenüber der dienstvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit (Zeitdifferenzen) festgehalten.
Solche Zeitdifferenzen entstehen durch ein Überschreiten der dienstvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit als Plusstunden oder durch ein Unterschreiten der dienstvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit als Minusstunden.

 

Arbeitszeitkonten gemäß AVR Anlagen 31 bis 33

Arbeitszeitkonten gemäß AVR Anlagen 31 bis 33 sind keine Arbeitszeitkonten im herkömmlichen Sinne, sondern eröffnen die Möglichkeit, Entgelte in Zeit zu faktorisieren sowie innerhalb des Ausgleichszeitraums nicht ausgeglichene Zeiten als Zeitguthaben oder als Zeitschulden auf ein Konto zu buchen.
Hier ist zu beachten, dass die Umwandlung von Entgelten in Zeitguthaben immer eine Arbeitszeitverkürzung bzw. eine Reduzierung des Stellenumfangs (sog. „versteckte“ Teilzeit) bedeutet!

Gemäß der Anlagen 31 bis 33 (in der Anlage 30 ist keine Arbeitszeitkontenregelung vorgesehen!) können auf der Grundlage der jeweiligen § 9 Arbeitszeitkonten durch Dienstvereinbarung eingeführt werden. Dies ist zwingend vorgeschrieben, wenn ein Arbeitszeitkorridor oder eine Rahmenzeit vereinbart werden soll.

Die § 9 der Anlagen 31 bis 33 enthalten nur wenige inhaltliche Vorgaben zur Einrichtung von Arbeitszeitkonten:

  • Es muss der Geltungsbereich festgelegt werden
  • Es muss geregelt sein, welche Zeiten auf das Arbeitszeitkonto gebucht werden können. Gebucht werden können Zeitguthaben und Zeitschulden, nicht durch Freizeit ausgeglichene Überstunden, in Zeit umgewandelte Zeitzuschläge sowie Rufbereitschafts- und Bereitschaftsdienstentgelte.
  • Die höchstmöglichen Zeitschulden betragen 40 Stunden
    Die höchstmöglichen Zeitguthaben betragen ein Vielfaches von 40 Stunden, die innerhalb eines festzulegenden Zeitraumes anfallen dürfen
  • Es müssen die nach dem Umfang des beantragten Freizeitausgleichs gestaffelte Fristen für das Abbuchen von Zeitguthaben oder für den Abbau von Zeitschulden durch den Mitarbeiter festgelegt werden
  • Es ist die Berechtigung des Abbuchens von Zeitguthaben zu bestimmten Zeiten (z.B. an so genannten Brückentagen) vorzusehen
  • Es müssen die Folgen, wenn der Dienstgeber einen bereits genehmigten Freizeitausgleich kurzfristig widerruft geregelt sein.

 

Langzeitkonten

Nach der Definition des Gesetzes sind Langzeitkonten Wertguthaben, die auf einer Wertguthabenvereinbarung beruhen. Diese Vereinbarung kann ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder auch ein Einzelvertrag sein. Im neu gefassten § 7b SGB IV liegt eine Wertguthabenvereinbarung dann vor, wenn sie "... nicht das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen verfolgt".
Dienstgeber und Mitarbeiter können Langzeitkonten individuell vereinbaren. Die in den Anlagen 31 bis 33 im § 9 Abs. 6 vorgeschriebene Insolvenzsicherung ergibt sich bereits aus dem Flexi-II-Gesetz: Die gesetzlich vorgegebene Insolvenzsicherung greift, wenn das Wertguthaben die Höhe der einfachen monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Die Bezugsgröße entspricht dem Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag (Paragraf 18 Sozialgesetzbuch IV).
2011: 2.555 Euro monatlich / 30.660 Euro im Jahr
2012: 2.625 Euro monatlich / 31.500 Euro im Jahr

Die Mitarbeitervertretung hat bei Einrichtung von Langzeitkonten und deren Inhalt gemäß § 27 Abs. 2 Rahmen-MAVO einen Informationsanspruch.

 

Problematik

  1. In dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2012 - 5 AZR 676/11 - Arbeitszeitkonto - Kürzung von Zeitguthaben - wurde entschieden, dass das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthaben des Arbeitnehmers der Arbeitgeber nur dann mit Minusstunden verrechnen darf, wenn ihm die der Führung des Arbeitszeitkontos zugrunde liegende Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) die Möglichkeit dazu eröffnet. Im Ergebnis bedeutet dies, dass es ohne eine entsprechende Regelung in einer Dienstvereinbarung gemäß § 38 Rahmen-MAVO keine Minusstunden gebucht werden können.

  2. Die Führung von Arbeitszeitkonten (Zeitschulden und Zeitguthaben) sind nur noch innerhalb eines festzulegenden Zeitraums (in der Regel der Ausgleichszeitraum) möglich. Damit müssen Zeitguthaben oder Zeitschulden zum Endzeitpunkt ausgeglichen sein. Es ist zu bezweifeln, dass dies in der betrieblichen Realität gelebt werden kann.
    Praxistipp: Es sollte ein längerer Ausgleichszeitraum mit geradem Wochenbezug gewählt werden (z.B. 26 oder 52 Wochen); gleichzeitig wäre in der Dienstvereinbarung festzulegen, dass die "Nulllinie" innerhalb dieses Zeitraumes mindestens einmal erreicht werden muss und damit der Ausgleichszeitraum neu beginnt.

  3. Es entscheidet allein der Mitarbeiter, welche Zeiten im Rahmen der abgeschlossenen Dienstvereinbarung auf das Arbeitszeitkonto gebucht werden. Aus diesem Grund ist nach diesen Bestimmungen eine einheitliche Buchungspraxis ausgeschlossen und nicht realisierbar. Außerdem schlagen ausgezahlte Entgelte ggf. bei der Jahressonderzahlung und bei dem Leistungsentgelt bzw. der Sozialkomponente zu Buche, wogegen Zeitguthaben hier unberücksichtigt bleiben.
    Praxistipp: Um die Führung und Überwachung von unüberschaubaren Kontensystemen zu vermeiden, sollte eine einheitliche betriebliche Regelung einzelvertraglich im Arbeitsvertrag als Nebenabrede vereinbart werden.

  4. Während eines beantragen und genehmigten Zeitausgleichs vom Arbeitszeitkonto trägt grundsätzlich der Mitarbeiter das Risiko bei Störfällen. Ausnahme: Im Falle einer unverzüglich angezeigten und durch ärztliches Attest nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit während eines Zeitausgleichs vom Arbeitszeitkonto tritt eine Minderung des Zeitguthabens nicht ein.

  5. Bestimmungen zu Arbeitszeitkonten bestehen in der Anlage 30 zu den AVR (Ärzte /Ärztinnen) nicht; dies entspricht häufig nicht der gelebten Realität.
    Praxistipp zur Vermeidung von Risiken (siehe Punkt 1): Mit Mitarbeitern, die unter den Geltungsbereich der Anlage 30 zu den AVR fallen, wird einzelvertraglich die Führung von Arbeitszeitkonten vereinbart.

  6. Bis zum 31.12.2008 waren Arbeitszeitguthaben von bis zu 250 Stunden gemäß § 23 b Abs. 2 Satz 8 SGB IV möglich, erst bei Überschreitung dieser Schwelle galten diese als Langzeitkonten. Diese Grenze ist durch die Novellierung des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen entfallen, sodass eine Abgrenzung von Kurzzeitkonten zu Langzeitkonten jetzt allein dadurch gegeben ist, dass ein Kurzzeitkonto mit dem Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen in Zeit geführt wird und es sich bei einem Langzeitkonto sich immer um eine in Geld geführte Wertguthabenvereinbarung handelt.