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Einsatz von Dienstplanprogrammen

 

1. Grundsätzliche Überlegungen

Immer mehr kommen vor allem in den Einrichtungen der Alten-bzw. Gesundheitshilfe EDV- gestützte Dienstplanprogramme, Personalmanagement- und Controllingsysteme zum Einsatz; diese Entwicklung ist auch zunehmend in Jugend- und Behindertenhilfeeinrichtung zu beobachten.

Es handelt sich oftmals um Komplettsysteme, die in der Regel modular aufgebaut sind und die viel mehr können als nur Arbeitszeit verwalten. Die Programme können komplett individuell ausgerichtet und den Bedürfnissen und Wünschen des Kunden angepasst werden - wenn man den Versprechungen der Anbieter Glauben schenkt, sind diese Programme auch immer AVR- bzw. BAT / TVöD / TV-L-konform.

Die Praxiserfahrung zeigt, dass die Programme in aller Regel eben nicht AVR-konform eingerichtet werden bzw. nicht in der Lage sind, die AVR rechtskonform abzubilden. Es sind mir als regelmäßigem Besucher der maßgeblichen Messen derzeit nur ganz wenige Anbieter bekannt (genaugenommen drei), deren Programme die notwendigen Voraussetzungen mitbringen. Die Einrichtung bzw. die Hinterlegung der geltenden Bestimmungen und Arbeitszeitregeln beschränkt sich nicht nur auf die rechtskonforme Abbildung der AVR, sondern es müssen u.a. auch der gesetzliche Arbeitszeitschutz oder die Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eingepflegt werden. Des Weiteren müssen betriebliche / individuelle Anpassungen angefangen von der Festlegung des individuellen Ausgleichszeitraumes bis hin zu kombinierten Dienstvereinbarungen gemäß AVR Anlage 5b und 5c (Kurzzeitkonten, Langzeitkonten) unter Berücksichtigung von einzelvertraglichen Vereinbarung mit jedem einzelnen Mitarbeiter möglich sein. Dienstvereinbarungen zur Arbeitszeit sind in vielen Einrichtungen die Regel, insbesondere wenn es um den flexiblen Arbeitseinsatz mit Arbeitszeitkonten oder Gleitzeitregelungen geht. Die Hinterlegung dieser Programmregeln erfordern sehr intensive Detailarbeit und nehmen erfahrungsgemäß viel Zeit in Anspruch; hunderte von "Stellschrauben" sind einzustellen und zu überprüfen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Dienstgeber bestellt und bezahlt; die Firmen tun das, was der Kunde will. Konsequenz: Kommt man in die Einrichtungen und prüft die Einstellungen, so sind stets "kostenverursachende" oder "einschränkende" Funktionen stillgelegt oder erst gar nicht hinterlegt. Dies wird dadurch erleichtert, dass Mitarbeitervertretungen in der Regel der Einführung und Anwendung von EDV-Technik und Software nicht den entsprechenden Stellenwert einräumen und ihr Mitbestimmungsrecht gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO nur eingeschränkt wahrnehmen. Die Folge ist häufig, dass der Einsatz von nicht korrekt arbeitenden Dienstplanprogrammen auch zu finanziellen Nachteilen für die Mitarbeiter führt. Überstunden und Mehrarbeitszeiten werden fast grundsätzlich nicht richtig verbucht, Arbeitszeitregeln insbesondere bei Teilzeitbeschäftigten nicht eingehalten.

 

2. Dienstplanprogramme sind ein wichtiges Planungs- und Controllinginstrument

Die Vorteile einer Arbeitszeitorganisation mit einem Dienstplanprogramm für die Dienstplanung und -abrechnung mit EDV-Unterstützung liegen dabei auf der Hand: Vereinfachte Abrechnung, schnelle Planung und effektiver Personaleinsatz. Aber zunächst muss die Arbeitsorganisation stehen: Welcher Service soll zu welcher Zeit mit welcher Mitarbeiterzahl und mit welcher Qualifikation erbracht werden - also eine sorgfältige Analyse der Situation rund um die Einsatz- und Dienstplanung in der Einrichtung. Dabei müssen z. B. die Einhaltung

  • der Leistungsverpflichtungen der Einrichtung,
  • des Arbeitszeitschutzes,
  • der geltenden Arbeitsvertragsgrundlagen und Dienstvereinbarungen
  • sowie einzelvertragliche Vereinbarungen (z.B. bei Teilzeitbeschäftigten)

berücksichtigt werden.

Mit einem Dienstplanprogramm werden diese Daten erfasst, verknüpft, verarbeitet und ausgewertet. Diese sind auf jeden Fall geeignet, Verhalten und Leistung der einzelnen Mitarbeiter zu dokumentieren: Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (Kommen und Gehen), Lage und Dauer der Pausen, Überstunden, Mehrarbeit, entschuldigte und unentschuldigte Fehlzeiten usw.

Daher ist an dieser Stelle im Rahmen der Mitbestimmung oder durch Dienstvereinbarung der Nutzungszweck der Arbeitszeitdaten festzulegen, u.a.

  • dass die Anwendung des Dienstplanprogrammes in Übereinstimmung mit den geltenden Arbeitsvertragsrichtlinien, Dienstvereinbarungen und gesetzlichen Regelungen erfolgt
  • unter welchen Voraussetzungen die erfassten und gespeicherten Daten und deren Auswertungen zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle herangezogen werden dürfen,
  • dass die erfassten Daten in der Regel nur zur Durchführung der Gehaltsabrechnung, zur Führung der Zeitausgleichskonten, der Urlaubskonten der Kranken- und Fehlzeitenkonten verarbeitet werden dürfen (Definition der Ausnahmen),
  • in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt die Übermittlung des individuellen Zeitnachweises / der Übersicht über die gespeicherte und verarbeitete Arbeitszeit an den Mitarbeiter stattfindet und wie die Bestätigung der Richtigkeit erfolgt.

Das Mitbestimmungsrecht gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO - Einsatz von technischen Einrichtungen, die geeignet sind, Verhalten und Leistung zu überwachen - dient hier dem präventiven Persönlichkeitsschutz des einzelnen Mitarbeiters, um die vielfältigen Überwachungsmöglichkeiten durch moderne Technologien transparent und kontrollierbar zu gestalten.

 

3. Prüfungsfragen

Ob ein Dienstplanprogramm AVR-konform arbeitet, lässt sich an verschiedenen Prüfungsfragen festmachen; hier seien einfache Beispiele genannt:

  1. Sie haben keine Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit, daher muss das Programm für jeden Mitarbeiter den individuellen Ausgleichszeitraum (13 Wochen, beginnend mit dem Einstellungsdatum*) verwalten können. Mitarbeiter A, vollbeschäftigt, eingestellt am 3.1.2005, arbeitet im Zeitraum vom 2.1.2006 bis zum 2.4.2006 490 Stunden.
    Lösung: Diese Eingabe darf das Programm ohne Warnmeldung nicht akzeptieren, da die regelmäßige wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit innerhalb des 13-Wochen- Zeitraumes unterschritten wird und Annahmeverzug eintritt. *Anmerkung: Nach der Rechtsprechung kann alternativ zum Einstellungszeitpunkt auch der erste Überschreitungszeitpunkt zur Festsetzung des Beginns des 13-Wochen-Ausgleichszeitraumes herangezogen werden; dieses Verfahren ist aber wesentlich schwieriger umzusetzen und nachzuvollziehen.

  2. Die dienstplanmäßige Arbeitszeit des Mitarbeiters A in der Woche X beträgt 42 Stunden, dieser arbeitet aber mit Kenntnis und Duldung des Arbeitszeitverantwortlichen 43 Stunden.
    Lösung: Das Programm muss die 43. Stunde als Überstunde bewerten und den Überstundenzuschlag berücksichtigen. Gleichzeitig muss das Programm erkennen können, ob diese Stunde bis zum Ende des Folgemonats zurückgegeben worden ist und ggf. die Auszahlung der Überstundenvergütung regeln.

  3. Tragen Sie die gleiche Person zwanzig Tage in Folge zum Dienst ein (Stundenzahl ist unerheblich).
    Lösung: Diese Eingabe darf das Programm nicht akzeptieren, da innerhalb dieser Zeitspanne auf jeden Fall ein Ersatzruhetag für geleistete Sonntagsarbeit liegen muss.

  4. Tragen Sie für den Zeitraum von zwölf Monaten im Durchschnitt eine höhere Arbeitszeit als 48 Stunden pro Woche ein.
    Lösung: Diese Eingabe darf das Programm nicht akzeptieren, da die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten wurde.

  5. Der Mitarbeiter ist am 1. Mai dienstplanmäßig von 9:00 bis 12:45 Uhr eingeplant; arbeitet aber an diesem Tag zusätzlich von 13:00 bis 14:00 Uhr.
    Lösung: Das Programm muss für die Zeit von 13:00 bis 14:00 Uhr zur Vergütungsberechnung drei Arbeitsstunden ansetzen.

  6. Tragen Sie eine Unterschreitung der Ruhezeit von 11 Stunden* ein.
    Lösung: Diese Eingabe darf das Programm in der Grundeinstellung nicht akzeptieren, da die Mindestruhezeit unterschritten wurde.
    *Bitte beachten: Die Ruhezeit kann unter bestimmten Voraussetzungen bis auf 9 Stunden verkürzt werden.

  7. Der Mitarbeiter wird mit mehr als 10 Stunden Arbeitszeit am Tag (nicht Kalendertag, sondern individueller 24-Stunden-Zeitraum) zum Dienst eingetragen.
    Lösung: Diese Eingabe darf das Programm nicht akzeptieren, da die tägliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.

 

4. Zusammenfassung

Organisation und Gestaltung der Arbeitszeit sind zentrale Themen in den kirchlichen Einrichtungen, insbesondere wenn es um die Pflege oder die Betreuung von Menschen geht. Dies gilt heute um so mehr, da ein kundenorientierter, ökonomischer, flexibler und zeitsouveräner Arbeitseinsatz vor dem Hintergrund der schwierigen Refinanzierungssituation immer wichtiger wird.

Es müssen der Dienstgeber und die Mitarbeitervertretung im Rahmen ihres Mitbestimmungsrechtes bei der Einführung und Anwendung des Programmes ganz speziell darauf achten, dass die gesetzlich bzw. kollektivrechtlich vorgegebenen und individuell vereinbarten vorgegebenen Daten korrekt eingegeben sind - sicherlich eine verantwortungsvolle, komplexe und zeitaufwendige Aufgabe. Als "Lohn" hat man dann eine Rechtssicherheit, die dem Betriebsfrieden gut tut.

Hinweis: In meinen Schulungen zur Arbeitszeit gehe ich auf Dienstplanprogramme gesondert ein und zeige auch an Praxisbeispielen die maßgeblichen Einstellungsmöglichkeiten auf.