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Schlichtungsverfahren in Streitigkeiten nach der Mitarbeitervertretungsordnung der Katholischen Kirche

Dr. Franzjosef Bleistein, Vizepräsident des LAG Köln a. D.  

 

Bitte unbeding beachten: Dieser Aufsatz hat rein historischen Wert und ist auf dem Rechtsstand des Jahres 2000 geschrieben;
die Rechtsgrundlagen haben sich seit dieser Zeit grundlegend geändert.

 

Einleitung
I. Kircheneigene Rechtskontrolle im MAVO-Bereich
II. Verfahren nach den KODA-Regelungen
III. MAVO-Streitigkeiten

 

Der Verfasser dieses Beitrages war vom 01.02.1972 bis 31.01.1997 Vorsitzender der Schlichtungsstelle - MAVO der Erzdiözese Köln. Er hat in dieser Zeit zahlreiche Schlichtungsverfahren im Bereich der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) der Erzdiözese Köln und im KODA-Bereich der Diözesen in NW durchgeführt. Es erscheint angebracht, diese streitschlichtende Aufgabe im Bereich des kirchlichen Arbeitsrechtes zusammenfassend in ihren wichtigsten Entscheidungen darzustellen. Die in diesem Beitrag genannten Bestimmungen der MAVO beziehen sich auf die neugefaßte Rahmenordnung der MAVO vom 20.11.1995, die auf einem einstimmigen Beschluß der Bischöfe beruht.

In seinem Beitrag in der ZTR aus Anlaß des 75. Geburtstages des Bundesrichters Dr. Hans Fellert betont Dr. Dirk Neumann bei seiner Beurteilung des Schlichtungswesens der evangelischen wie katholischen Kirche, damit seien dem Streitverfahren der Beteiligten "Einigungsverfahren vorgeschaltet, die wirksam und kostengünstig arbeiten".

Für den katholischen Bereich gilt nach wie vor - bis zum Inkrafttreten eines kirchlichen Arbeitsgerichtsgesetzes - dafür jedenfalls im Bereich der Diözesen NW eine einheitliche Verfahrensordnung, die Schlichtungsverfahrensordnung. Sie bestimmt in § 28, daß Verfahrenskosten nicht erhoben werden. Für die Kostenfrage wichtiger ist aber die Bestimmung des § 4 Abs. 2 dieser Schlichtungsverfahrensordnung, daß der Vorsitzende und die weiteren Mitglieder der Schlichtungsstelle ehrenamtlich tätig werden. Allenfalls dem Vorsitzenden kann eine Aufwandsentschädigung gewährt werden. Davon wird aber kaum Gebrauch gemacht. Diese sicher günstigen Kostenvoraussetzungen sind jedoch für die effektive Arbeit der Schlichtungsstellen-MAVO in den Diözesen Deutschlands allein nicht entscheidend. Viel bedeutsamer ist der Wille und die Entschlossenheit der Schlichtungsstellenvorsitzenden und der Beisitzer, für eine wichtige und auch im kirchlichen Bereich allseits anerkannte Aufgabe tätig zu sein und auf einem entscheidenden Sektor der kirchlichen Aufgaben und Arbeit - der Zusammenarbeit zwischen Dienstgebern und Mitarbeitern in den kirchlichen Einrichtungen - ausgleichend tätig zu werden und richtungsweisend, wenn es notwendig werden sollte, auch zu entscheiden. Diese Aufgabe wird von allen Beteiligten an Schlichtungsverfahren anerkannt. Der Wille zu dieser Aufgabe ist letztlich entscheidend dafür, daß die Schlichtungsstellen-MAVO "wirksam", wie Neumann es kennzeichnet, arbeiten. Es geht, anders als oft im Einigungsstellenverfahren nach dem BetrVG, dabei sicher nicht um Honorare für den Vorsitzenden, die Beisitzer und die beteiligten Prozeßvertreter, sondern um eine streitvermindernde und streitschlichtende Aufgabe im Bereich der Personalhoheit der Kirchen.

Dennoch soll nicht verkannt werden, daß der Aufbau dieser Schlichtungsstellen-MAVO eine immense Arbeit war, einmal für die kirchlichen Verwaltungsbehörden, die zunächst die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die Arbeit dieser Einrichtungen zu schaffen hatten, dann aber auch für die Vorsitzenden und Beisitzer der Schlichtungsstellen, die völliges Neuland betraten und sich darin zurechtfinden mußten.

 

I. Kircheneigene Rechtskontrolle im MAVO-Bereich

Zu unterscheiden ist nach dem Streitgegenstand, ob es sich um eine Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis handelt oder um eine kollektive Streitigkeit aus dem Mitarbeitervertretungsrecht.

Die Kirche kann den Rechtsweg zu den staatlichen Arbeitsgerichten nicht ausschließen, wenn der Streitgegenstand ein individueller Anspruch des Mitarbeiters aus seinem Arbeitsverhältnis ist. Das gilt z.B. bei der Feststellung, ob ein Loyalitätsvorstoß und damit ein Grund für eine Kündigung vorliegt. Das BAG stellt hierzu fest, daß die allgemeinen Grundsätze des Kündigungschutzrechtes für die Arbeitsverhältnisse kirchlicher Arbeitnehmer ebenso gelten wie der Grundsatz der Interessenabwägung, der es verbiete, ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles in jedem Loyalitätsverstoß von einigem Gewicht bereits einen Grund zur Trennung vom Arbeitnehmer zu sehen. Der Auffassung des BAG ist zuzustimmen. Wenn schon die Kirchen nach Art. 137 WRV, 140 GG ihre Angelegenheiten im Rahmen "des für alle geltenden Rechts" eigenständig regeln können, so müssen sie im einzelvertraglichen Bereich wie alle anderen Rechtsteilnehmer - eine gerichtliche Überprüfung ihrer Maßnahmen nach diesem für alle geltenden Recht hinnehmen. Versagt ist den staatlichen Gerichten nur die Beurteilung der Frage, ob eine beachtliche Loyalitätspflichtverletzung vorliegt, also die Problematik, welche Loyalitätspflichten ein Arbeitnehmer im kirchlichen Dienst zu beachten hat. Dazu hat sich das BAG in seinem Urteil vom 07.10.1993 eindeutig geäußert. Es bleibt der verfaßten Kirche und ihren Leitern (Bischöfen) - nicht irgendwelchen Gutachtern aus Theologischen Fakultäten - überlassen, verbindlich zu bestimmen, was für sie wesentliche Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre sind und was als schwerer Verstoß dagegen anzusehen ist.

Hängt eine individualrechtliche Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis von einer mitarbeitervertretungsrechtlichen Vorfrage ab - z.B. von der Frage, ob der besondere Kündigungsschutz eines Mitarbeiters nach § 19 MAVO wegen seines Ausschlusses aus der Mitarbeitervertretung nach § 13 a Nr.5 MAVO erloschen ist -, so haben die staatlichen Gerichte in diesem Kündigungschutzprozeß auch die Vorfragenkompetenz (Inzidentkontrolle).

Geht es dagegen um Streitigkeiten aus dem kollektiven Arbeitsrecht, insbesondere um kollektivrechtliche Streitigkeiten aus dem kircheneigenen "Dritten Weg" oder dem kirchlichen Mitarbeitervertretungsrecht, so ist für diese Streitigkeiten der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht eröffnet. Die Kirche kann die Rechtskontrolle in eigener Verantwortung durchführen - immer unter der Voraussetzung, daß die dazu berufene Stelle (Schlichtungsstelle) den Mindestanforderungen an ein Gericht entspricht.

Die Schlichtungsstellen-MAVO der katholischen Kirche erfüllen, wenn sie ordnungsgemäß nach § 40 Abs. 3 und 4 MAVO errichtet worden sind, diese Voraussetzungen (siehe auch III/Ziffer 9). Diese Regelung gilt allerdings nur vorläufig bis zum Inkrafttreten der Regelungen über eine umfassende kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit nach Art. 10 Abs. 2 der Grundordnung, der bestimmt, daß für Rechtsstreitigkeiten auf den Gebieten der kirchlichen Ordnung für ein Arbeitsvertrags- und Mitarbeitervertretungsrecht unabhängige kirchliche Gerichte gebildet werden.

 

II. Verfahren nach den KODA-Regelungen

Der umstrittene "Dritte Weg" der Kirchen zu einer einheitlichen Ordnung des Arbeitsvertragsrechtes in ihren Einrichtungen, der auf Art. 137 Abs. 3 WRV, 140 GG gestützt wird, hat zur Bildung von paritätisch besetzten "Kommissionen zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechtes - KODA -" geführt, deren Rechtsgrundlage ordnungsgemäß vom jeweiligen Ortsbischof erlassene kirchliche Gesetze sind. So besteht im Gebiet der Diözesen NW eine Regional-KODA, für die eine Regional-KODA-Ordnung erlassen worden ist.

Danach ist Aufgabe dieser Kommission die ständige Mitwirkung bei der Aufstellung von Normen, welche Inhalt, Abschluß und Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln (§ 2 Abs. 1 Regional KODA-Ordnung-NW). Rechtsstreitigkeiten aus dieser Regional-KODA-Ordnung sind nach § 17 a Regional-KODA-Ordnung der Schlichtungsstellen-MAVO Erzdiözese Köln zugewiesen.

Diese hat in einer Entscheidung vom 29.09.1994 die Frage entschieden, ob und in welchen Angelegenheiten das Gesetzgebungsrecht der Bischöfe auf arbeitsvertraglichem Gebiet durch die Regional-KODA-Ordnung NW beschränkt ist. Die Entscheidung stellt fest, daß das Gesetzgebungsrecht der Bischöfe auf diesem Gebiet nicht beschränkt ist, soweit es um den Erlaß zwingender arbeitsvertraglicher Grundnormen (etwa der "Grundordnung" des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse v. 22.09.1993) geht. Dagegen können die Bischöfe Ausführungsrichtlinien zu ihren gesetzlichen Regelungen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen nach § 2 Regional-KODA-Ordnung NW regeln sollen, erst erlassen, wenn sie ordnungsgemäß in der Regional-KODA behandelt worden sind.

Die Schlichtungsstelle-MAVO-Köln hat sich in ihrem Beschluß vom 30.04.1996 mit der Frage befaßt, welche Einrichtungen der Kirche vom sachlichen Geltungsbereich der Grundordnung und der Regional-KODA-Ordnung-NW erfaßt werden. Anlaß zu diesem Verfahren war die Absicht einer kirchlichen Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 5 Regional-KODA-Ordnung NW aus dem Geltungsbereich der KODA-Ordnungen deswegen auszuscheiden, weil sie zu "teuer" waren, weil die von der Regional-KODA verabschiedeten Vergütungsregelungen der KAVO (= Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung) die finanzielle Leistungskraft der betroffenen kirchlichen Einrichtung angeblich überstiegen. Auf Antrag der Mitarbeiterseite der Regional-KODA-NW hat die Schlichtungsstelle festgestellt, daß dieser Träger dem Zuständigkeitsbereich der Regional-KODA-NW unterliegt, also auch seine Regelungen übernehmen muß.

Die Schlichtungsstelle-MAVO-Rottenburg-Stuttgart hat sich in ihrem Beschluß vom 02.06.1995 mit der Frage befassen müssen, ob der Diözesan-Bischof durch ihre Entscheidung verpflichtet werden könne, die von ihm erlassene Regional-KODA-Ordnung so zu ändern, daß ein Verhandlungsgleichgewicht von Dienstgeber- und Mitarbeiterseite bestehe. Umstritten war das bei der Frage der gleichgewichtigen Informationen an die Mitarbeiterseite, die von ihr bestritten wurden. Die Schlichtungsstelle hat die darauf abgestellten Anträge als unzulässig zurückgewiesen. Die Schlichtungsstelle sei nicht befugt, dem Diözesanbischof die Verpflichtung zu einer Gesetzesänderung aufzuerlegen. Im übrigen sei auch für "Normenkontrollverfahren" die Zuständigkeit der MAVO-Schlichtungsstelle nicht gegeben.

Die Schlichtungsstelle-MAVO-Osnabrück hat sich in ihremBeschluß vom 18.03.1996 mit der Frage befaßt, ob eine katholische Akademie und Heimvolkshochschule die KODA-Regelungen anwenden müsse oder auch den BAT (VkA) anwenden könne. In der Satzung des e. V war eine Übernahme der KODA-Regelungen oder überhaupt kirchlichen Rechtes nicht vorgesehen. Von der Anwendung des BAT versprach sich der e. V erhebliche Kostenersparnisse. Die Schlichtungsstelle stellte fest, daß die Einrichtung der vom Ortsbischof in Kraft gesetzten KODA-Regelung unterliegt. Sie ist zwar der KODA-Regelung nicht unmittelbar unterworfen. Sie muß sie aber nach Art. 2 Abs. 2 GrO als kirchlicher Rechtsträger übernehmen. Diese Übernahme kann auch durch die tatsächliche Anwendung in der Einrichtung erfolgen, ohne daß eine Übernahme durch Satzung oder Beschluß des Vorstandes oder der Mitgliederversammlung erfolgt.

 

III. MAVO-Streitigkeiten

1. Begriff "Einrichtung" (§ 1 MAVO) und Aufteilung einer Einrichtung (§ 1 a Abs. 2 MAVO)

Die Schlichtungsstelle-Köln hatte sich in ihrem Beschluß vom 14.01.1997 mit der Frage zu befassen, ob ein Aufteilungsbeschluß des Vorstandes einer kirchlichen Einrichtung in zwei selbständige Einrichtungen, der mit Genehmigung der kirchlichen Aufsichtsbehörde erfolgt war, deswegen unwirksam ist, weil mit diesem Aufteilungsbeschluß die Vermeidung von Freistellungen von Mitarbeitervertretern im Umfang nach dem neugefaßten § 15 MAVO beabsichtigt war. Die Schlichtungsstelle hat aufgrund dieser eindeutig erklärten Absicht des Dienstgebers den Trennungsbeschluß für unwirksam erklärt, weil er eine bewußte Umgehung der Verbotsnorm des § 48 MAVO darstellt. Die Unwirksamkeit dieses Aufteilungsbeschlusses wird auch nicht durch die kirchenaufsichtliche Genehmigung geheilt.

 

2. Begriff des Mitarbeiters, insbesondere des leitenden Mitarbeiters nach § 3 Abs. 2 MAVO

Die Schlichtungsstelle-MAVO-Regensburg hat in ihrer Entscheidung vom 27.09. 1996 die Frage verneint, ob im staatlichen Beamtenverhältnis stehende Lehrkräfte, die in einer kirchlichen Einrichtung beschäftigt werden, Mitarbeiter im Sinne des § 3 Abs. 1 MAVO sind. Bleiben das Weisungs- und Disziplinarrecht für diese Lehrer beim staatlichen Anstellungsträger, seien diese Lehrkräfte so zu behandeln wie vorübergehend von einem anderen Arbeitgeber überlassene Arbeitnehmer.

Die Rechtsfragen, ob ein Mitarbeiter als "Leitender Angestellter" nach § 3 Abs. 2 Nr.3 und 4 anzusehen ist, unterliegt nach der Neufassung der MAVO dem Anhörungs- und Mitberatungsrecht der MAV nach § 29 Abs. 1 Nr.18, dessen Formalien zur Wirksamkeit der Bestellung nach § 29 Abs. 2 4 exakt einzuhalten sind. Die bisher dazu ergangenen Entscheidungen der Schlichtungsstelle sind daher nicht mehr anwendbar. Sie gehen nur von einem Unterrichtungsrecht der MAV aus, dessen Verletzung keine Einwirkungen auf die Bestellung zu "Leitenden Angestellten" hatte. Die Genehmigung des Ortsbischofs zur Bestellung ist nur noch bei unmittelbaren Mitarbeitern der Diözese erforderlich (§ 3 Abs. 2 S.3 MAVO).

In diesem Zusammenhang ist auch eine Entscheidung des Schlichtungsstelle-MAVO-Augsburg vom 14.11.1994 über ein Auskunftsrecht eines einzelnen Mitarbeiters gegenüber der Mitarbeitervertretung von Interesse. Die Mitarbeiterin verlangte von der MAV Auskunft über die Unterlagen, die der Dienstgeber der MAV im Anhörungsverfahren nach § 30 vor ihrer ordentlichen Kündigung vorgelegt hatte. Die Schlichtungsstelle verneinte die Zulässigkeit des Antrages, da es sich um keine kollektive Streitigkeit aus der MAVO handele, sondern um einen im übrigen nicht bestehenden - individualrechtlichen Anspruch der Mitarbeiterin.

 

3. Grundsatz vertrauensvoller Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 MAVO)

Die Schlichtungsstelle-MAVO-Köln hat sich in zwei Entscheidungen mit der Frage befaßt, wann dem Dienstgeber ein grober Verstoß gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit vorzuwerfen sei, der zu einer erheblichen Belastung der Zusammenarbeit mit der MAV führt. In einem Fall ging es um die Aufforderung des Dienstgebers an einen MAV-Vertreter, schriftliche Aufzeichnungen zum Nachweis seiner MAV-Tätigkeit während der Arbeitszeit vorzulegen. Im anderen Verfahren ging es um die Frage, ob der Dienstgeber eine Sitzungsniederschrift über eine gemeinsame Sitzung nach §§ 33, 39 MAVO geheimzuhalten habe oder - wie er getan hatte - aus billigenswertem Anlaß veröffentlichen könne. In beiden Fällen hat die Schlichtungsstelle das Vorliegen eines groben Verstoßes des Dienstgebers gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Dienstgeber, der ein schuldhaftes Verhalten des Dienstgebers nicht unbedingt erfordere, verneint. Eine Geheimhaltungspflicht für Sitzungsniederschriften für eine gemeinsame Sitzung besteht nicht. Der Dienstgeber wie die MAV müsse die Möglichkeit haben, solche Niederschriften zur Information der Mitarbeiter zu verwenden. Im Falle der Verpflichtung zur Aufzeichnung der "erforderlichen" MAV-Tätigkeiten während der Arbeitszeit richteten sich die Bedenken des Dienstgebers gegen ein vertragswidriges Verhalten eines einzelnen MAV-Mitarbeiters. Die Beziehungen zur MAV in ihrer Gesamtheit wurden davon nicht betroffen.

 

4. Vorlage der Stellenpläne (§ 26, 27 Abs. 2 MAVO) - Einblick in die Entgeltlisten (§ 26 MAVO)

Die Vorlage der Soll- und Ist-Stellenplätze an die MAV war lange Zeit ein heftig umstrittenes Problem zwischen Dienstgebern und MAV. Es erscheint durch die ständige Rechtsprechung vieler Schlichtungsstellen, für die nur der Beschluß der Schlichtungsstelle-München zitiert werden soll, geregelt zu sein. Der Beschluß München bejaht in Übereinstimmung mit diesen Entscheidungen uneingeschränkt die Vorlagepflicht des Soll- und Ist-Stellenplanes an die MAV.

Das Einblicksrecht der MAV in die Entgeltlisten wird nach den Entscheidungen der Schlichtungsstelle-Essen und Schlichtungsstelle-München unterschiedlich beurteilt. Die Schlichtungsstelle-Essen gewährt ein uneingeschränktes Recht auf Einsichtnahme in die Entgeltlisten der Mitarbeiter einschließlich aller Zulagen und individuell vereinbarten Zahlungen, während die Schlichtungsstelle-München diesen Anspruch schon als erfüllt ansieht, wenn der Dienstgeber nur die Vergütungsgruppe angibt. Ein Einblicksrecht in die individuell vereinbarten übertariflichen Vergütungsbestandteile besteht nach Ansicht der Schlichtungsstelle-München nicht.

 

5.Anhörungsrecht der MAV vor der ordentlichen und außerordentlichen Kündigung (§§ 30, 31 MAVO)

Die Regeln über die Anhörung der MAV vor der ordentlichen und außerordentlichen Kündigung von Mitarbeitern (§§ 30, 31 MAVO) finden grundsätzlich nur Anwendung nach Ablauf einer - ausdrücklich vertraglich vereinbarten oder in einer anwendbaren kollektiven Regelung festgelegten - Probezeit. Für eine Kündigung während der Probezeit gilt § 27 Abs. 2 MAVO: Der Dienstgeber hat die MAV über die während der Probezeit ausgesprochenen Kündigungen zu unterrichten. Die Verletzung dieser Unterrichtungspflicht nach § 27 Abs. 2 MAVO führt nicht zur Unwirksamkeit der Probezeitkündigung. Fehlt es an einer wirksamen Vereinbarung einer Probezeit, bestehen die Anhörungsrechte der MAV nach §§ 30, 31 MAVO von Beginn der Beschäftigung bzw. vom Abschluß eines wirksamen Arbeitsvertrages an.

Die staatlichen Gerichte haben ein eigenes Prüfungsrecht, ob eine nach der Probezeit ausgesprochene Kündigung unter Beachtung der Verfahren nach §§ 30, 31 -jeweils Abs. 1 und 2 MAVO erklärt worden ist . Fehlt es daran, ist die Kündigung unwirksam (§§ 30 Abs. 5, 31 Abs. 3 MAVO).

Zweck dieser Vorschriften ist es nicht, die Kündigung des Dienstgebers an die Zustimmung der MAV zu binden. Er hat die Letztentscheidung über den Ausspruch der Kündigung. Allerdings wirkt die objektive Verletzung der Anhörungspflicht und die objektive Verletzung der Anhörungsverfahren durch den Dienstgeber präventiv in dem Sinne, daß eine ohne Anhörung der MAV und ohne Einhaltung des Verfahrens nach der MAVO ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Dabei handelt es sich um eine Unwirksamkeit aus "anderen Gründen" im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG.

Eine in der MAVO ausdrücklich geregelte, also ,"gesetzliche" Weiterbeschäftigungspflicht - wie etwa in § 102 Abs. 5 BetrVG 1972 - gibt es nicht. Es bleibt daher auch im kirchlichen Dienst bei den von der Rechtsprechung geregelten Weiterbeschäftigungspflichten nach Zugang der Kündigung, nämlich der Weiterbeschäftigungspflicht bei einer absolut unwirksamen Kündigung und dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch.

 

6. Zustimmungsrecht bei Einstellungen (§§ 33, 34 MAVO)

Das Zustimmungsrecht bezieht sich auf alle "Mitarbeiter" nach § 3 Abs. 1 MAVO. Dieser Mitarbeiterbegriff ist ein Sammelbegriff. Entscheidend dafür ist, daß sich der Mitarbeiter in einem abhängigen, dem Weisungsrecht des Dienstgebers unterliegenden Vertragsverhältnis befindet, das entweder auf die Leistung von Arbeit oder die Ausbildung gerichtet ist. Dazu gehören auch Praktikanten.

Einstellung im Sinne des § 34 ist die tatsächliche Beschäftigung eines Mitarbeiters in einer kirchlichen Einrichtung. Soll bereits vorher ein verbindlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen werden, ist der Abschluß des Arbeitsvertrages zustimmungspflichtig.

Der Umfang der Unterrichtungspflicht bei Einstellungen bezieht sich nach dem geltenden Wortlaut des § 34 nur auf die Person des Einzustellenden, nicht aber auf alle anderen (internen und externen) Mitbewerber. Eine Ausnahme davon dürfte zu machen sein bei der Frage der MAV nach dem Vorliegen von Bewerbungen Schwerbehinderter (§§ 14, 23 SchwbG), die wahrheitsgemäß unter Angaben von Personaldaten beantwortet werden müßte.

Die Zustimmungsfrist nach §§ 33 Abs. 2 S.1 MAVO beginnt nur, wenn die MAV ordnungsgemäß über die Person des Einzustellenden, seine Personaldaten und Sozialdaten erfolgt. § 34 MAVO räumt der MAV kein Mitauswahlrecht bei der Einstellung ein. Sie hat ein Zustimmungsverweigerungsrecht nur bei dem vom Dienstgeber zur Einstellung vorgesehenen Bewerber. Dabei kann die MAV eine Einstellung nur verhindern, wenn ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 34 Abs. 2 besteht . Die Zustimmung kann nicht mit der Begründung verweigert werden, die MAV halte einen anderen Bewerber für besser geeignet.

Kein Verstoß gegen ein Gesetz im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr.1 liegt vor, wenn der Dienstgeber die Einstellung ohne Beachtung des Zustimmungsrechtes der MAV vorgenommen hat . Soweit eine Einstellung unter Verletzung des § 34 erfolgt, kann sich der Dienstgeber nicht darauf berufen, seine Personalabteilung sei überlastet. Die MAV hat auch ein Recht, die Verletzung ihres Zustimmungsrechtes nach § 34 MAVO durch ein Schlichtungsverfahren nach § 41 Abs. 1 Nr.5 feststellen zu lassen.

 

7. Zustimmungsrecht bei Eingruppierungen, Rückgruppierungen, Herabgruppierungen und Versetzungen (§35 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3, 4 und 5 MAVO)

Die Aufzählung der Zustimmungstatbestände des § 35 Abs. 1 Nr.1 -9 bei sonstigen persönlichen Angelegenheiten der Mitarbeiter ist erschöpfend. Sie kann weder anders geregelt, noch erweitert werden, noch können Abstriche davon vorgenommen werden (§ 48 MAVO).

Unter die Zustimmungspflicht fällt sowohl die Eingruppierung, die Höhergruppierung, die Herabgruppierung, die Rückgruppierung sowie die Versetzung von Mitarbeitern. Die materiellrechtliche Wirksamkeit einer solchen Maßnahme gegenüber dem Mitarbeiter hängt entweder von der Zustimmung der MAV ab oder bei rechtmäßiger Verweigerung der Zustimmung, die an die ausschließlichen Gründe des § 35 Abs. 2 MAVO geknüpft ist, von der Ersetzung der verweigerten Zustimmung durch eine Entscheidung der Schlichtungsstelle (§§ 33 Abs. 4, 41 Abs. 1 Nr. 6 MAVO).

Das Zustimmungsrecht der MAV kann nicht dadurch unterlaufen werden, daß der Dienstgeber eine vertragliche Regelung des streitigen zustimmungspflichtigen Tatbestandes mit dem Mitarbeiter trifft.

Die Frage ist, was zu geschehen hat, wenn der Dienstgeber mit seinem Zustimmungsersetzungsantrag vor allem bei Eingruppierungen, bei dem die MAV nur ein Mitbeurteilungsrecht hat, unterliegt. Hier erscheint die Anwendung der Rechtsprechung des BAG geboten, daß der Dienstgeber ein neues Zustimmungs- und notfalls Zustimmungsersetzungsverfahren in eine andere Vergütungsgruppe einzuleiten hat.

Bei der Unterrichtung der MAV über die Eingruppierung kann die MAV auch die Angabe der Fallgruppe einer Vergütungsgruppe verlangen, wenn die Vergütungsordnung die Rechtsfolgewirkungen einer Eingruppierung (z.B. für den Bewährungsaufstieg von der zutreffenden Ersteingruppierung abhängig macht.

Die Umsetzung einer auch nur strukturellen Änderung des Vergütungsschemas unterliegt der Zustimmungspflicht der MAV.

Bei der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit (§ 36 Abs. 1 Nr. 4 MAVO) hat die Schlichtungsstelle Freiburg das Zustimmungsrecht der MAV davon abhängig gemacht, ob die Bestellung zu einer Tätigkeit mit einer Höhergruppierung verbunden ist (Bestellung einer Lehrerin für Hauswirtschaft zur stellvertretenden Schulleiterin ohne Änderung der Vergütung).

 

8.Zustimmungstatbestände bei Angelegenheiten der Dienststelle (§36 Abs. 1, Nr. 1-11 MAVO)

Die in § 36 Abs. 1 Nr.1 - 9 aufgezählten Tatbestände des Mitbestimmungs- (Zustimmungs-)rechtes des MAV sind ebenfalls abschließender Natur. Eine Erweiterung oder inhaltliche Abänderung scheitert an § 48 MAVO, der abweichende Regelungen den Partnern der Einrichtung ausdrücklich verbietet.

Zu Nummer 1 (Änderung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage): Das Zustimmungsrecht erfaßt auch hier nicht die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, sondern nur die Aufteilung der festliegenden wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Soweit eine bisher geltende Arbeitszeit in den Einrichtungen weiter verrichtet wird und diese über die neu festgelegte Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit "angespart" und abgefeiert wird, unterliegen auch diese ,"Ansparmodelle" der Zustimmung der MAV.

Zu Nummer 2 (Festlegung von Richtlinien zum Urlaubsplan und zur Urlaubsregelung): Hier ist zur Einführung von Betriebsferien in einer Einrichtung entschieden worden, daß bei der Einführung von Betriebsferien die berechtigten Interessen des Dienstgebers gegen die Interessen der Mitarbeiter an einer individuellen Urlaubsgewährung gegeneinander abzuwägen sind. Dabei sind bei sechs Wochen Jahresurlaub drei Wochen Betriebsferien bei der Art der Einrichtung (Schwerbehindertenwerkstatt) nicht zu beanstanden.

Zu Nummer 3 (Planung und Durchführung von Veranstaltungen für Mitarbeiter): Hierzu ist entschieden worden, daß auch die Festlegung der Teilnehmerkreise einer solchen Veranstaltung der Zustimmungspflicht der MAV unterliegt.

Zu Nummer 9 (Einführung von technischen Einrichtungen, die zur Überwachung von Verhalten und Leistung der Mitarbeiter bestimmt sind): Hier hat die Schlichtungsstelle-Köln seit ihrer Entscheidung vom 16.05.1991 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß es für das Zustimmungsrecht der MAV auf die objektive Eignung der technischen Anlage zur Überwachung, nicht auf die subjektiven Absichten des Dienstgebers ankommt.

Zu Nummer 11 (Sozialplananspruch der MAV): Neu eingeführt wurde in die MAVO der Anspruch auf Abschluß von Sozialplänen. Dieser Anspruch kann nach § 36 Abs. 1 Nr.11 MAVO bei wesentlichen Nachteilen für die Mitarbeiter wegen Schließung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Einrichtungen oder wesentlichen Teilen davon geltend gemacht werden. Der Anspruch der MAV ist nicht an eine bestimmte Einrichtungsgröße (wie etwa bei § 111 BetrVG 1972 ab 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern in der Einrichtung) gebunden. Er ist aber auch nicht auf alle Tatbestände der Betriebsänderung, wie sie in § 111 BetrVG aufgezählt sind, erstreckt worden. Der Anspruch und das Antragsrecht der MAV nach § 37 Abs. 1 Nr.11 MAVO sind auf die Fälle der Betriebsänderung beschränkt, die in § 36, 37 Abs. 1 Nr.11 ausdrücklich aufgeführt worden sind.

Zum Begriff des "wesentlichen Teiles" einer Einrichtung hat die Schlichtungsstelle-Köln entschieden, daß die Apotheke eines Krankenhauses mit 6 von 500 Beschäftigten nicht als "wesentlicher Teil" der Einrichtung anzusehen ist, weder nach ihrem Personalbestand (weniger als 5% der Gesamtmitarbeiterzahl) noch unter dem Gesichtspunkt, daß die Apotheke für das Krankenhaus von "großer" Bedeutung ist.

 

9. Das Schlichtungsverfahren nach §§ 40, 41, 42 MAVO

Hier gelten zwar noch die Bestimmungen der §§ 40-42 MAVO. Diese Bestimmungen sind aber in der einstimmig verabschiedeten Rahmenordnung vom 20.11.1995 mit folgender Fußnote versehen: "Diese Regelung ist vorläufig und gilt bis zum Inkrafttreten der Regelungen über eine umfassende kirchliche Gerichtsbarkeit nach Art. 10 Abs. 2 Grundordnung".

Dieser Art. 10 Abs. 2 Grundordnung legt fest: "Für Rechtsstreitigkeiten auf den Gebieten der kirchlichen Ordnungen für ein Arbeitsvertrags- und des Mitarbeitervertretungsrecht werden für den gerichtlichen Rechtsschutz unabhängige kirchliche Gerichte gebildet".

Inzwischen hat die Personalwesenkommission des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) einen mehrfach geänderten Entwurf eines kirchlichen Arbeitsgerichtsgesetzes vorgelegt, der noch nicht von den Bischöfen verabschiedet ist. Es läßt sich derzeit noch nicht mit Sicherheit sagen, welche Gestalt diese kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit und welche Zuständigkeiten sie haben wird und wann sie ihre Aufgabe übernimmt (01.01.1999?).

Bisher haben die Schlichtungsstellen-MAVO diese Rechtsprechungsaufgaben wahrgenommen. Das BAG hat sie auch als eigenständige kirchliche Gerichte anerkannt, wenn sie die Mindestanforderungen an ein unabhängiges Gericht erfüllen. Diese Mindestanforderungen werden durch die Besetzung der Schlichtungsstellen nach § 40 Abs. 2 MAVO, die Bestellungsvoraussetzungen für die Vorsitzenden und die Beisitzer nach § 40 Abs. 2 und 3 MAVO und das Bestellungsverfahren nach § 40 Abs. 6 und 7 MAVO erfüllt. Auch die Voraussetzungen für die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens nach § 41 Abs. 1 und 2 MAVO und die grundsätzlichen Verfahrensregeln des § 41 Abs. 3 MAVO entsprechen rechtsstaatlichen Anforderungen. Sie werden ergänzt durch in den einzelnen Diözesen erlassene Schlichtungsverfahrensordnungen. Was fehlt ist eine Rechtsmittelinstanz sowie Grundregeln für die Durchsetzung von Entscheidungen der Schlichtungsstellen, die teilweise von den staatlichen Gerichten angemahnt werden.

Im übrigen läßt sich feststellen, daß die Schlichtungsstellen-MAVO, wie ihre Entscheidungen zeigen, den an sie gestellten vielfältigen Aufgaben vollauf gerecht werden. Sie bemühen sich um eine den kirchlichen Einrichtungen und ihren Besonderheiten entsprechende Auslegung der MAVO und versuchen der gütlichen Schlichtung der bestehenden Streitigkeiten großes Gewicht beizulegen. Das wird von ihr nach § 41 Abs. 4 MAVO ausdrücklich gefordert. Dort heißt es:

"Die Schlichtungsstelle hat in jedem Fall eine Einigung anzustreben".

Daß dennoch oft Entscheidungen in wichtigen Auslegungsfragen der MAVO unerläßlich sind, hängt mit der unvollkommenen Natur auch kirchlicher gesetzlicher Regelungen zusammen. Dabei lehnt sich die Rechtsprechung der Schlichtungsstellen an bewährte Grundsätze der Rechtsprechung des BAG und BVerG in Betriebsverfassungs- und Personalvertretungssachen an.