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BAG-Info Nr. 31

Informationen · Kommentare · Meinungen · Nr. 31 · November 1998

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und Wolfgang Becker-Freyseng · Caritasverband München-Freising · Hirtenstraße 4 · 80335 München

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Handstreich per Direktionsrecht:

Malteser-Streiche

Die Malteser verlassen die öffentlich-rechtliche Zusatzversorgung

 

Geld verdirbt den Charakter, weiß der Volksmund. Offensichtlich auch den katholischer Fachverbände. Das muß unwillkürliche denken, wer die jüngste Verlautbarung der Geschäftsführung der "Malteser Werke gGmbH" in Händen hält. Sie kündigt den Ausstieg aus dem öffentlich-rechtlichen System der Zusatzversorgung und die Gründung einer eigenen Unterstützungskasse im Malteser Versorgungswerk an. Dieses soll künftig die entsprechenden Rentenleistungen gewährleisten.

Wie derzeit so üblich, hat man mit spitzem Stift gerechnet und festgestellt, daß man wegen hoher Fluktuation, niedrigem Durchschnittsalter und seltener Verrentungsfälle "Nettozahler" ist, also weniger rauskriegt, als man einzahlt.

Und was macht der neoliberale Marktwirtschaftler in diesem Fall? Er pfeift auf Solidarität und Umlagesystem, denkt an das eigene Portemonnaie, schlägt der "Bereicherungs"smentatität der ZVK ein Schnippchen - und steigt aus. Mal schauen, ob die Malteser die Rechnung nicht ohne den Wirt gemacht haben. Denn Fragen und offene Rechnungen gibt es zuhauf.

Mal ganz abgesehen von der Frage, ob das finanzielle Eigeninteresse eines Verbandes ausreichend ist, die bisher erworbenen Versorgungsansprüche der Mitarbeiter derart auszuhebeln (und das auch noch mit "Fürsorgepflicht" zu begründen), ergeben sich auch einige grundsätzliche Fragen.

Da ist z.B. die Frage, ob ein katholischer Fachverband, der üblicherweise die AVR als arbeitsvertrag1iche Grundlage anwendet, so einfach die Anlage 8 zu den AVR durch eine Altersversorgung Marke Eigenbau ersetzen kann.

Da ist weiter die Frage, ob diese Regelung im Bereich der Grundordnung wirksam werden kann, wenn sie nicht durch ein paritätisches Gremium des Dritten Weges (KODA, AK o.ä.) beschlossen, sondern durch die Geschäftsführung verkündet wird. (Von einer Malteser-KODA hat man selbst in NW noch nichts gehört).

Und natürlich steht die Frage an, ob eine einseitige Willenserklärung der Malteser-Geschäftsführung ausreicht, alle Arbeitsverträge der Malteser-Mitarbeiter zu ändern, ohne Zustimmung der Betroffenen und ohne Änderungskündigung. So ganz ohne gerichtliche Auseinandersetzungen dürfte das wohl nicht abgehen.

Wie rnan hört, hat der Zentralrat der Caritas mit äu8erstem Befremden auf dieses Gebaren reagiert. Er forderte jüngst die konsequente Einhaltung der AVR und ist offenbar nicht gewillt, diesen Ausstieg aus einem Solidarsystem "tatenlos" hinzunehmen. Auf die Taten darf man gespannt sein.

 

 

Vermerk

Malteser Werke gGmbH

Geschäftsführung

an: Diözesan-/Regionalgeschäftsführer

von: Bernd Franken

Datum: 21.07.98

 

Anlaß: Ablösung Zusatzversorgung durch Malteser Versorgungswerk

 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

nunmehr können wir offiziell bekanntgeben, daß die Malteser mit Wirkung zum 1.1.1999 aus dem System der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung ausscheiden und die entsprechenden Rentenleistungen betrieblich in Form einer rückgedeckten Unterstützungskasse im Malteser Versorgungswerk abbilden werden.

Dem Wechsel vorausgegangen ist eine sorgfältige Analyse der Rentner- und Arbeitnehmerstruktur. Diese ergab, daß die Malteser durch hohe Fluktuation, durchschnittlich jüngere Arbeitnehmer und vergleichsweise seltene Verrentung aus dem aktiven Malteserdienst im System der Zusatzversorgung "Nettozahler" sind, sich durch eine Umstellung also die Kosten für die arbeitgeberfinanzierte Zusatzrente deutlich senken lassen. Für den Ausstieg ist allerdings eine einmalige Abstandszahlung fällig. Da dieser Betrag zentral als Kredit aufgenommen werden muß, wird die Höhe der Umlage bis zur Tilgung des Kredites unverändert bleiben. Der Break-Even ist mit maximal 10 Jahren ermittelt worden. Wichtig ist, daß die tariflich vereinbarten Leistungen in gleicher Höhe und nach gleichen Ermittlungsregeln wie bei der Zusatzversorgungskasse den Rentnern zur Verfügung stehen werden. Durch die Änderung des Systems auf ein Verfahren nach dem Deckungsstockprinzip (ansparen für den Einzelnen anstelle Generationenvertrag) ist zudem eine höhere "Sicherheit" der zukünftigen Leistungen, unabhängig von demographischen oder arbeitsmarktpolititschen Einflüssen erzielt worden. Außerdem sind alle Beteiligten der Überzeugung, daß durch Stichworte wie "Dynamik", "Nettoentlastung", "Wahlrecht Kapitalleistung" ode "Eigenleistung zur privaten Vorsorge" deutliche Verbesserungen für alle Arbeitnehmer erzielt wurden. Bereits unverfallbar erworbene Ansprüche gegenüber einer Zusatzversorgungskasse bleiben dem Einzelnen erhalten.

Bedingt durch ein einheitliches Vorgehen für alle Unternehmensbereiche fiel die endgültige Entscheidung erst vor wenigen Wochen. Da es sich bei diesem Vorhaben um ein wichtige Entscheidung des Arbeitgebers handelt, wurden umgehend die vorhandenen MAV ermittelt und nach § 27 MAVO zu einer umfassenden Informationsveranstaltung eingeladen. Die Rückmeldung der ersten Treffen ist uneingeschränkt positiv zu werten.

Bedauerlicherweise ist die parallel an Sie geplante Berichterstattung in den Beginn der Urlaubszeit gefallen. Für die Verspätung bis zum heutigen Tag bitte ich insofern um Entschuldigung.

Die Kopien der in den o.g. Informationsveranstaltungen verwendeten Folien sind zu Ihrer Information beigefügt. Wichtig ist auch die weitere Vorgehensweise. Nach Abschluß der MAV-Veranstaltungen werden zunächst die Leistungsordnung und andere wichtige Rahmenbedingungen verabschiedet. Sobald dies erledigt ist werden Versammlungen für alle Mitarbeiter einberufen. Diese werden voraussichtlich im Herbst stattfinden. Dabei soll neben der detaillierten Vorstellung des Malteser Versorgungswerk Gelegenheit zur Vereinbarung von Einzelgesprächen gegeben werden, in denen jeder Interessierte die Auswirkungen im konkreten Fall ermitteln lassen kann. Sollten sich bis dahin für Sie weitergehende Fragen ergeben, so können Sie mich gerne ansprechen:

Fax: 0221/9822-509 oder e-mail: Bernd.Franken@Maltanet.de

Mit kollegialen Grüßen

B. Franken