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MAVO-Schlichtungsstelle in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Entscheidung im Schlichtungsverfahren SV 32/2001 vom 07.12.2001

(Zur abgesenkten Eingruppierung von geringfügig Beschäftigten gemäß AVR Anlage 18 § 3 Abs. 3)


BESCHLUSS
Vom 07. Dezember 2001

in dem Schlichtungsverfahren SV 32/2001 mit den Beteiligten

1. ., vertr.d.d. Vorstand, dieser vertr.d.d. Bereichsleiter Herrn
,

- Antragstellerin -

2. Mitarbeitervertretung der , vertr.d.d.
Vorsitzende Frau , ,

- Antragsgegner -

wegen Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung zweier Mitarbeiterinnen hat die MAVO-Schlichtungsstelle der Diözese Rottenburg-Stuttgart durch den Vorsitzenden Dr. Schendzielorz und die Beisitzer Bolz, B. Mayer, Swacek und Weisserth in der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2001 für Recht erkannt:

1. Die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und als geringfügig Beschäftigte gemäß Anlage 18 zu den AVR, analog der Vergütungsgruppe 11, wird ersetzt.

2. Die Kosten des Schlichtungsverfahrens trägt der Antragsteller.

 

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Eingruppierung zweier Raumpfiegerinnen als geringfügig Beschäftigte gemäß Anlage 18 zu den AVR, analog Vergütungsgruppe 11, mit der Begründung verweigern dürfte, diese Eingruppierung verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des am 1.1.2000 in Kraft getretenen Teilzeitbefristungsgesetzes und damit gegen geltendes Recht.

Die Antragstellerin beschäftigt seit dem 01.04.2001 und als Raumpflegerinnen im mit 4 Wochenstunden. Mit Schreiben vom 09.04.2000 stellte der Antragsteller als Dienstgeber bei der Antragsgegnenn einen Antrag auf Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung von und zum 01.04.2001. Am 12.04.2001 stimmte die Antragsgegnerin dem Antrag auf Einstellung nachträglich zu, verweigerte jedoch die Zustimmung zur geplanten Eingruppierung nach der Anlage 18 zu den AVR, da diese Anlage gegen das Diskriminierungsverbot des Teilzeit- und Befristungsgesetzes verstoße.

Mit Schreiben vom 17.05.2001 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass die Zustimmungsverweigerung der Antragsgegnerin als unbeachtlich bzw. unzulässig erachtet werde und die Mitarbeiterinnen und daher wie geplant nach Anlage 18 der AVR eingruppiert würden.

Mit Schreiben vom 07.06.2001 stellte die hiesige Antragsgegnerin einen Antrag auf Schlichtung bei MAVO-Schlichtungsstelle der Diözese Rottenburg-Stuttgart und beantragte festzustellen, dass (1.) der Dienstgeber gegen die Bestimmungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO verstoßen habe, in dem er die Eingruppierung der Mitarbeiterinnen ohne Zustimmung der Mitarbeitervertretung vorgenommen habe, (2.) die Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung zulässig und rechtsbeachtlich und damit wirksam sei sowie (3.) der Dienstgeber dazu verpflichtet werde, bei der Mitarbeitervertretung unverzüglich einen Antrag gemäß § 35 Abs. 1 Nr.1 MAVO zur korrekten Eingruppierung der beiden Mitarbeiterinnen, rückwirkend zum Einstellungsdatum ? (Schlichtungsverfahren 17/2001).

Im Schlichtungsverfahren 17/2001 schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2001 auf Vorschlag der Schlichtungsstelle folgenden Vergleich:

1. Die Parteien sind sich einig, dass der Antragsgegner (hiesiger Antragsteller) binnen 4 Wochen ab heute wegen der Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und durch die Antragsteller (hiesige Antragsgegnerin) gemäß § 33 Abs. 4 MAVO die MAVOSchlichtungsstelle der Diözese Rottenburg-Stuttgart zum Zwecke der Ersetzung der Zustimmung anzurufen hat.

2. Damit sind sämtliche verfahrensgegenständlichen Ansprüche erledigt.

3. Die Kosten des Schlichtungsverfahrens trägt der Antragsgegner als Dienstgeber.

Mit der Einleitung des vorliegenden Schlichtungsverfahrens kam der Antragsteller seiner Verpflichtung aus Ziffer 1 des vorgenannten Vergleichs nach. Der Antragsteller trägt vor, dass die Frage, ob eine wirksame arbeitsrechtliche Bestimmung wie die Anlage 18 der AVR im Einklang mit anderen Normen stehe, nicht zum Zuständigkeitsgebiet der MAVO-Schlichtungsstelle gehöre. Insoweit sei es den einzelnen Mitarbeitern unbenommen, zu dieser Frage die jeweiligen Gerichte anzurufen. Im übrigen verstoße die Anlage 18 der AVR nicht gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Die Antragsgegnerin habe daher zu Unrecht die Zustimmung zur Eingruppierung von und gemäß der Anlage 18 zu den AVR, analog der Vergütungsgruppe 3, verweigert.

Er beantragt daher,

die von der Antragsgegnerin verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und als geringfügig Beschäftigte gemäß Anlage 18 zu den AVR, analog Vergütungsgruppe 11, zu ersetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt diesen Antrag zurückzuweisen.

Sie wendet ein,

dass die Eingruppierung von und gemäß der Anlage 18 zu den AVR gegen das Diskriminierungsverbot des Teilzeit- und Befristungsgesetzes verstoße. Durch eine solche Eingruppierung würden diese beiden geringfügig Beschäftigten in Bezug auf die Vergütung, den Bewährungsaufstieg und das Urlaubsgeld schlechter gestellt als Vollzeitbeschäftigte und auch sonstige teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz gelte auch für die Kirchen, da es im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem Beschäftigungsförderungsgesetz, mangels einer entsprechenden Öffnungsklausel den Kirchen keine Abweichungsmöglichkeiten mehr gewährt.Die Schlichtungsstelle hat die Akten des Schlichtungsverfahrens 32/2001 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2001 gemacht.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Antragsschrift vom 11.10.2001 und die Erwiderungsschrift der Antragsgegnerin vom 07.11.2001 Bezug genommen.

 

II. Der Antrag ist statthaft und begründet. Die Antragsgegnerin hatte keinen Grund, die Zustimmung zur Eingruppierung von und gemäß der Anlage 18 zu den AVR, analog Vergütungsgruppe 11, zu verweigern.

Die Antragsgegnerin als Mitarbeitervertretung dürfte die Zustimmung zur hier in Rede stehenden Eingruppierung nicht deshalb verweigern, weil sie meint, der Dienstgeber dürfe die Anlage 18 zu den AVR nicht anwenden, weil diese gegen höherrangiges Recht, namentlich das Diskriminierungsverbot gemäß §§ 4 Abs. 1, 2 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz verstoße. Ein solches Recht steht der Mitarbeitervertretung nicht zu, da eine Zustimmungsverweigerung zur Eingruppierung mit der von der Antragsgegnerin gegebenen Begründung sich außerhalb der Mitbestimmung bewegt.

a) Bei der Eingruppierung eines Mitarbeiters geht es um die erstmalige Festsetzung der für den Mitarbeiter nach seinen Tätigkeitsmerkmalen maßgebenden Lohn- bzw. Gehaltsgruppe. Sie erfolgt bei Anwendung einer tariflichen Regelung (etwa des BAT) oder einer kircheneigenen Vergütungsregelung (KODA und AVR) durch Eingruppierung in die dort vorgesehene Gruppeneinteilung. Das Recht der Antragsgegnerin als Mitarbeitervertretung gemäß § 35 Abs. 1 Nr.1 MAVO bei der Eingruppierung von Mitarbeitern zuzustimmen, umfasst nicht das Recht, auf die Aufstellung eines neuen oder aber auf die Änderung eines vorhandenen Vergütungssystems hinzuwirken (vgl. BVG, Urteil vom 14.06.1995, - 6 P 43/93, PersV 1996, 182; Bleistein/Thiel, MAVO, 3. Auflage, § 35 Rd.Nr. 6 a. E.). Gegenstand dieses Rechts ist vielmehr nur die erstmalige Einreihung eines Mitarbeiters bzw. einer Tätigkeit in ein vorgegebenes Vergütungssystem (vgl. BVG, am angegebenen Ort (mit weiteren Nachweisen); VerwG EKD Hannover, Beschluss vom 04.05.2000 - 0124/D 39 - 919, ZMV 2000, 183; VerwG EKD Hannover, Beschluss vom 10.08.2000 - 0124/E 5/00; Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche in Deutschland, Beschluss vom 31.10.2000 - 2708/D 13-919, ZMV 2001, 131; Bleistein/Thiel am angegebenen Ort, § 35 Rd.Nr. 4). In soweit gilt nichts anderes als für die Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz oder den Personalvertretungsgesetzen. Deshalb kann auf die Rechtssprechung zu diesen Gesetzen zurückgegriffen werden. Da sich die so zu verstehende Eingruppierung in der Anwendung in sich bestimmter und einer festgelegten Vergütungsgruppe zugeordneter Einreihungsmerkmale (Vergütungsmerkmale) erschöpft, ist sie kein Akt rechtlicher Gestaltung, sondern Anwendung strikter Regeln (BVG, am angegebenen Ort; VerwG EKD Hannover, am angegebenen Ort, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung). In jedem Falle kann aber die Mitbestimmung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO nur in einer an dieselben rechtlichen Vorgaben gebundenen Kontrolle der Richtigkeit der beabsichtigten Eingruppierung bestehen (BVG, am angegebenen Ort; Bleistein/Thiel, am angegebenen Ort, § 35 Rd. Nr.4). Die Mitarbeitervertretung kann also keinen rechtlichen Gestaltungsspielraum in Anspruch nehmen, sondern es obliegt ihr nur, denselben Sachverhalt auf der Grundlage derselben tariflichen Regelung oder einer kircheneigenen Vergütungsregelung mitzubeurteilen. Auf den Inhalt der anzuwendenden Festlegungen erstreckt sie sich ebenso wenig wie darauf, ob diese Festlegungen rechtsmäßig zustande gekommen sind (vgl. BVG, am angegebenen Ort).

b) Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Mitbestimmung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO. Die Mitbestimmung bei der Eingruppierung, auf Höhergruppierung, Umgruppierung von Mitarbeitern soll die Mitarbeitervertretung in den Stand setzen, mitprüfend darauf zu achten, dass die beabsichtigte Eingruppierung mit dem anzuwendenden Vergütungssystem im Einklang steht. Sie soll der Mitarbeitervertretung auch die Gelegenheit geben, auf die Wahrung des Tarifgefüges in der Dienststelle zu achten und damit zur Verwirklichung des arbeitsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes innerhalb der Dienststelle und innerhalb des dort angewendeten Entgeldsystems sowie zur Wahrung des Friedens in der Dienststelle beizutragen. Im Interesse aller Mitarbeiter in der Dienststelle, insbesondere aber auch der betroffenen Arbeitnehmer, soll verhindert werden, dass durch eine unsachliche Beurteilung im Rahmen bestehender Auslegungsspielräume einzelne Arbeitnehmer bevorzugt, andere dagegen benachteiligt werden (vgl. BVG, am angegebenen Ort; BAG, Beschluss vom 03.12.1985 - 4 ABR 60/85; BAGE 50, 258, 273; VerwG EKD Hannover, Beschluss vom 10.08.2000 - 0124/E 5/00-).

Diese Aufgaben schließen es aber - weil Dienststellen bezogen - nicht ein, im Mitbestimmungsverfahren die Rechtmäßigkeit eines (überregionalen) Vergütungssystems in Frage zu stellen. Anders als bei Fragen, die eine Bewertung der am einzelnen Arbeitsplatz zu verrichtenden Tätigkeit betreffen, fehlt es den Mitarbeitervertretungen hier auch an der besonderen Sachnähe, auf der ihre Kompetenz zur Mitbeurteilung im Mitbestimmungsverfahren sonst beruht (vgl. BVG, am angegebenen Ort). Es reicht daher aus, wenn die das System in seiner Gesamtheit in Frage stellenden Überprüfüng der Rechtmäßigkeit derart übergreifender Vergütungssysteme den für den Individualrechtsschutz zuständigen Arbeitsgerichten vorbehalten bleibt (vgl. BVG, am angegebenen Ort; VerwG EKD Hannover, am angegebenen Ort). Ein ergänzender kollektiver Schutz auf Dienststellenebene würde ohne eine besondere Beurteilungskompetenz der Mitarbeitervertretungen hier seinen Sinn verlieren.

c) Unter Berücksichtigung des Begriffsinhalts des Tatbestandsmerkmals "Eingruppierung" und des Schutzzwecks der Mitbestimmung liegen die von der Antragsgegnerin mit der Zustimmungsverweigerung erhobenen Einwände außerhalb des Mitbestimmungsrechts aus § 35 Abs. 1 Nr. 1 MAVO, bei dem es sich eigentlich um ein Mitbeurteilungsrecht handelt (vgl. Bleistein/Thiel, am angegebenen Ort, § 35 Rd. Nr.4 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtssprechung des BAG und des BVG). Denn sie richten sich gegen die in sich beanstandungsfreie Anwendung der Anlage 18 zu den AVR als Ganzes. Dabei zielen diese Einwände nicht etwa auf die zutreffende Bestimmung dieses Vergütungssystems ab, die nach ihrem Regelungsgehalt die maßgebliche ist. Denn und sollten als geringfügig Beschäftigte in die dafür vorgesehene Anlage 18 zu den AVR eingruppiert werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Vorgaben der anzuwendenden Vergütungsregelung im vorliegenden Fall eingehalten worden sind. Streitig ist allein, ob die Vergütungsregelung selbst diskriminierend ist oder wirkt oder sonst gegen höherrangiges Recht verstößt. Darauf erstreckt sich aber - wie oben ausgeführt - das Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nicht.

Die beantragte Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung von und als geringfügig Beschäftigte gemäß der Anlage 18 zu den AVR, analog Vergütungsgruppe 11, war daher zu ersetzen.

 

III. Die Kosten des Schlichtungsverfahrens hat gemäß § 42 Abs. 3 MAVO i.V. mit § 30 Abs. 2 SVO-MAVO der Antragsteller als Dienstgeber zu tragen.

 

Dr. Schendzielorz, Vorsitzender