(Zur Mitbestimmung gemäß
§§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO)
In dem Schlichtungsverfahren
Gesamt-Mitarbeitervertretung des
e. V.,
vertr. d. d. Vorsitzenden
Herrn
- Antragstellerin -
gegen
e. V.,
vertr. d. Herrn
- Antragsgegner -
wegen Erlass einer einstweiligen
Anordnung
hat Dr. Schendzielorz, welcher zuständiger
Vertreter des wegen Urlaubs verhinderten Vorsitzenden Mayerhöffer
ist, als Vorsitzender am 25.07.2001 nach Anhörung des Antragsgegners
im Wege der
einstweiligen Anordnung
beschlossen:
1. Dem Antragsgegner wird
bis zum ordnungsgemäßen Abschluss des Zustimmungsverfahrens
hinsichtlich der Einführung des Systems EBIS 2001 (Version 7.0)
längstens aber bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens im Schlichtungsverfahren
SV 23/2001 untersagt, das System EBIS 2001 (Version 7.0) weiter zu verwenden.
2. Die Kosten des einstweiligen
Anordnungs-Verfahrens trägt der Antragsgegner als Dienstgeber.
Gründe:
Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
ist wie geschehen stattzugeben, da er zulässig und begründet
ist. Die ausgesprochene Anordnung stellt eine analog § 938 Abs.
1 ZPO zulässige fallbezogene Konkretisierung des Antrags der Antragstellerin
dar.
1. Ein wichtiger Grund i. S. des § 9 SVO-MAVO,
der sachdienliche einstweilige Anordnung rechtfertigt, liegt vor, da
der Antragsgegner das Programm EBIS 2001 (Version 7.0) ohne vorherige
Durchführung des nach § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO erforderliche
Zustimmungsverfahren eingeführt hat, weiter verwendet und das Zustimmungsverfahren
nur schleppend durchführt. Letzteres zeigt sich darin, dass der
Antragsgegner im Rahmen des Zustimmungsverfahrens eine Anfrage der Antragstellerin
vom 05.06.2001, wie er selbst vorträgt, erst mit Schreiben vom
17.07.2001 beantwortet hat und die verzögerte Beantwortung auf
internen Koordinierungsproblemen des Antragsgegners beruht. In Anbetracht
dessen ist es der Antragstellerin nicht zuzumuten bis zu einer Hauptsacheentscheidung
zuzuwarten. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist es
nicht erforderlich, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch
auch in einem Hauptsacheverfahren verfolgt wird.
2. Der Anordnungsanspruch, nämlich ein (vorbeugender)
Unterlassungsanspruch ergibt sich aus dem Mitbestimmungsrecht der Antragstellerin
aus § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO und der daraus folgenden Nebenpflicht
des Dienstgebers (Antragsgegners), dass der Dienstgeber alles zu unterlassen
hat, was die Verwirckklichung des Zustimmungsrechtes für die (Gesamt-)
Mitarbeitervertretung (MAV) erschwert (vgl. Bleistein, Kommentar zur
MAVO, 3. Aufl. , § 36 RN 7/8). Er ist Ausfluss des die MAVO prägenden
Gebotes der vertrauensvollen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit
zwischen dem Dienstgeber und der (Gesamt-)MAV. Ohne einen solchen Unterlassungsanspruch,
der bis zum ordnungsgemäßen Abschluss des Zustimmungsverfahrens
im konkreten Fall gilt, lässt sich die gesetzmäßige
Durchführung der Maßnahme im Rahmen des § 36 MAVO zugunsten
der (Gesamt-)MAV nicht sichern (ebenso Bleistein, a. a. O., § 36
RN. 8). Der Antragsgegner hat - auf Vorschlag der Schlichtungsstelle
- im Vergleich vom 22.06.2001 im Schlichtungsverfahren SV 11/2001, auf
das die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung Bezug nimmt, anerkannt,
dass er durch die Einführung des Systems EBIS 2001 (Version 7.0)
soweit das Mitarbeiter i. S. der MAVO (vgl. § 3 MAVO) betrifft,
ohne Zustimmung der Antragstellerin gegen § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO
verstoßen hat. Dies entspricht auch der Rechtslage, da ausweislich
der Angaben des Herstellerunternehmens, der Fa. IFT, im Schreiben vom
19.10.2000 das Programm EBIS 2001 (Version 7.0) objektiv geeignet ist,
Verhaltens- oder Leistungskontrollen betreffend die Mitarbeiter durchzuführen,
nachdem dieses Programm eine Leistungs- und Verlaufsdokumentation sowie
eine Leistungsabrechnung ermöglicht. Denn für die Ausübung
des Mitbestimmungsrechtes nach § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO kommt es
nicht darauf an, ob der Dienstgeber die Absicht hat, Verhaltens- oder
Leistungskontrollen durchzuführen,
sondern entscheidend ist die objektive Eignung einer solchen Anlage
zu solchen Kontrollen (vgl. Bleistein, a. a. O., § 36 Rn. 60 m.
w. N.).
3. Auch ein Anordnungsgrund ist gegeben, da ohne
den vorläufigen Rechtsschutz der Anspruch der Antragstellerin zumindes
erheblich erschwert, wenn nicht gar vereitelt würde. Das Mitbestimmungsrecht
und der daraus folgende Unterlassungsanspruch der Antragstellerin würden
erheblich beeinträchtigt, wenn die Antragstellerin eine Entscheidung
in der Hauptsache, die nicht vor Ablauf eines Monats zu erwarten ist,
abwarten müsste; denn bis dahin könnten Persönlichkeitsrecht
der einzelnen Mitarbeiter gegen anonyme Kontrolleinrichtungen, die in
den persönlichen Bereich des Mitarbeiters eingreifen, verletzt
werden, deren Schutz § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO bezweckt (vgl. Bleistein,
a. a. O., § 36 Rn. 56).
4. Die Kosten des einstweiligen Anordnungs-Verfahrens
hat der Dienstgeber entsprechend § 42 Abs. 3 MAVO zu tragen.
Dr. Schendzielorz