Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 21. Kammer
-21 Sa 13/99
7 Ca 401/98
Arbeitsgericht Heilbronn
verkündet am 20.01.2000
In dem Rechtsstreit pp.
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 21. Kammer -
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Leicht, den
ehrenamtlichen Richter Holzwarth und den ehrenamtlichen Richter Kehl
auf die mündliche
Verhandlung vom 11. November 1999 für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Heilbronn - Kammern Crailsheim - vom 18.11.1999 - Aktenzeichen 7 Ca 401/98
- wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung des Beklagten wird dieses Urteil abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
3. Der Kläger hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger macht gegenüber dem Beklagten für den Zeitraum
von Januar 1996 bis Juli 1998 eine höhere Vergütung als Schadensersatz
geltend.
Der am 27.07.1957 geborene, verheiratete Kläger ist beim Beklagten
seit dem 19.10.1992 als pädagogischer Mitarbeiter im K.-Bildungszentrum
Schwäbisch Hall beschäftigt. Der beklagte Verein
betreibt im Bereich der Diözese R. eine Vielzahl von Bildungseinrichtungen.
Die Satzung des beklagten Vereins wurde in der Vergangenheit mehrfach
geändert. Die für den maßgeblichen Zeitraum geltenden
Satzungen vom September 1989 (LAG-Akte Blatt 44, Anlage 1) und vom 13.07.1996
(LAG-Akte Blatt 44, Anlage 2), auf die Bezug genommen
wird, legen fest, daß der beklagte Verein im Geiste
A. K.-s jedem Bildungsfähigen und Bildungswilligen eine
seinen Anlagen entsprechende Bildung
ermöglichen und das K.-werk- Diözesanverband
R. durch Bildungsangebote und Beratung in Bildungsfragen unterstützen
will. Die für jedermann offenen Bildungsangebote verstehen
sich als Teil der Erwachsenenbildung in katholischer Trägerschaft
im Sinne des Erwachsenenbildungsgesetzes in Baden-Württemberg
(§ 2 der Satzungen). Der Vorstand besteht
aus dem Vorsitzenden und weiteren sechs Mitgliedern. Sie werden von der
Mitgliederversammlung auf die Dauer von drei Jahren gewählt, davon
zwei Mitglieder aus einem Vorschlag des Diözesanvorstandes
des K.-werkes. Die Mitglieder müssen dem K.-werk angehören
(§ 8 der Satzungen).
Die Parteien schlossen am 24.09.1992 einen schriftlichen Arbeitsvertrag
(ArbG-Akte Blatt 10 bis 13). Nach diesem Vertrag erhielt der Kläger
eine Vergütung nach E 8 des Vergütungsgruppenverzeichnisses
des K.-Bildungswerkes (vergleiche ArbG-Akte Blatt 48/49). Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf den schriftlichen Arbeitsvertrag verwiesen.
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte am 22.09.1993 eine "Grundordnung
des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse"
(im Folgenden: GrO) beschlossen. Diese GrO trat in der Diözese R.
am 01.01.1994 in Kraft. Die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen
Bestimmungen lauten folgendermaßen:
Artikel 2 Geltungsbereich
(1) Diese Grundordnung gilt für Arbeitsverhältnisse von Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern bei den Dienststellen, Einrichtungen und sonstigen selbständig
geführten Stellen - nachfolgend als Einrichtung(en) bezeichnet
a) der Diözesen,
b) der Kirchengemeinden und Kirchenstiftungen,
c) der Verbände von Kirchengemeinden,
d) der Diözesancaritasverbände und deren Gliederungen, soweit
sie öffentliche juristische Personen des kanonischen Rechts sind,
e) der sonstigen öffentlichen juristischen Personen des kanonischen
Rechts.
(2) Diese Grundordnung ist auch anzuwenden im Bereich der sonstigen
kirchlichen Rechtsträger und ihrer Einrichtungen, unbeschadet ihrer Rechtsform
sowie des Verbandes der Diözesen Deutschlands und des Deutschen Caritasverbandes.
Die vorgenannten Rechtsträger sind gehalten, die Grundordnung für
ihren Bereich rechtsverbindlich zu übernehmen.
Artikel 3 Begründung des Arbeitsverhältnisses
(1) Der kirchliche Dienstgeber muß bei der Einstellung darauf achten,
daß eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter die Eigenart des kirchlichen
Dienstes bejahen. Er muß auch prüfen, ob die Bewerberin und
der Bewerber geeignet und befähigt sind, die vorgesehene Aufgabe
so zu erfüllen, daß sie der Stellung der Einrichtung in der
Kirche und der übertragenen Funktion gerecht werden.
(2) Der kirchliche Dienstgeber kann pastorale, katechetische sowie
in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen,
die der katholischen Kirche angehört.
...
(4) Für keinen Dienst in der Kirche geeignet ist, wer sich kirchenfeindlich
betätigt oder aus der katholischen Kirche ausgetreten ist.
Artikel 7 Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Gestaltung
ihrer Arbeitsbedingungen
(1) Das Verhandlungsgleichgewicht ihrer abhängig beschäftigten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Abschluß und Gestaltung der
Arbeitsverträge sichert die katholische Kirche durch das ihr verfassungsmäßig
gewährleistete Recht, ein eigenes Arbeitsrechts-Regelungsverfahren
zu schaffen. Rechtsnormen für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse
kommen zustande durch Beschlüsse von Kommissionen, die mit Vertretern
der Dienstgeber und Vertretern der Mitarbeiter paritätisch besetzt
sind. Die Beschlüsse dieser Kommissionen bedürfen der bischöflichen
Inkraftsetzung für das jeweilige Bistum. Das Nähere, insbesondere
die jeweiligen Zuständigkeiten, regeln die KODA-Ordnungen.
Die Kommissionen sind an diese Grundordnung gebunden.
...
Das bischöfliche Ordinariat der Diözese R. vertrat in Schreiben
an den Beklagten vom 21.12.1993 und 20.08.1996 (ArbG-Akte Blatt 185 und
186) die Rechtsauffassung, daß der Beklagte ein "sonstiger kirchlicher
Rechtsträger" im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 der GrO sei und er
deshalb die GrO rechtsverbindlich übernehmen müsse.
In einem Verfahren zwischen dem Beklagten und der bei ihm damals
eingerichteten Mitarbeitervertretung, in dem es um die
Ersetzung der verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung
von Mitarbeitern/-innen ging, entschied die MAVO-Schlichtungsstelle
der Diözese R. mit Beschluß vom
01.08.1997 (vergleiche ArbG- Akte Blatt 14/15), daß
der Beklagte ein "sonstiger kirchlicher Rechtsträger"
im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 GrO sei und er deshalb gegen Artikel
7 GrO verstoßen habe. Der Kläger machte mit Schreiben vom 08.12.1997
(ArbG-Akte Blatt 50) Vergütungsansprüche gemäß BAT
in der Fassung der KODA (das heißt Kommission zur Ordnung des Diözesanen
Arbeitsvertragsrechtes) geltend. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung
des Beklagen bekräftigte dagegen die Rechtsauffassung des Beklagten,
daß er kein kirchlicher Rechtsträger im Sinne der GrO sei und
er deshalb die GrO nicht übernehmen werde. Die Satzung des Beklagten
wurde in dieser Mitgliederversammlung in mehreren Punkten geändert
(Satzung in der Fassung vom 23.01.1998, ArbG-Akte Blatt 187 und 188).
Außerdem wurde beschlossen, künftig das Betriebsverfassungsgesetz
anzuwenden. In der Folgezeit wurde beim Beklagten ein
Betriebsrat gewählt. Im Rahmen dieses Rechtsstreites gab das
bischöfliche Ordinariat der Diözese R. am 07.12.1999 eine Stellungnahme
ab, wonach der Beklagte nach der Satzungsänderung vom 23.01.1998
nicht mehr als sonstiger kirchlicher Rechtsträger im Sinne des
Artikels 2 Absatz 2 der Grundordnung anzusehen sei.
Am 10.08.1998 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht Heilbronn Klage
ein, mit welcher er die Verurteilung des Beklagten zur Anwendung des seit
01.01.1994 gültigen kirchlichen Dienst- und Arbeitsvertragsrechts
der Diözese R. auf sein Anstellungsverhältnis rückwirkend
ab 01.01.1996, hilfsweise zur Zahlung von Vergütungsdifferenzen begehrte.
Er hat insbesondere geltend gemacht, die im Arbeitsvertrag vom 24.09.1992
vereinbarte Anwendung der hauseigenen Vergütungsregelung verstoße
gegen § 7 GrO. Der Beklagte sei ein sonstiger Rechtsträger im
Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Satz 1 GrO, woraus seine Verpflichtung folge,
ihm, dem Kläger, Vergütung nach der Vergütungsordnung zum
BAT (in der Fassung der KODA-Beschlüsse 4.2 G Vergütungsgruppe
IVa Fallgruppe 15) zu gewähren. Deshalb stehe
ihm die Vergütungsdifferenz zwischen dieser Vergütungsgruppe
(einschließlich Ortszuschlag) und der ihm gewährten Vergütung
nach dem hauseigenen Tarif E 8 zu, insgesamt ein - näher dargelegter
Betrag von DM 21 904,97 für die Monate Januar 1996 bis Juli 1998.
Zumindest könne er Vergütungsdifferenzen bis einschließlich
Februar 1998 im Gesamtbetrag von DM 18 057,72 brutto beanspruchen, außerdem
ein restliches 13. Monatseinkommen für November 1997 im Betrag
von DM 1 028,88 brutto, zumindest DM 340,58 brutto.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, auf das
Anstellungsverhältnis des Klägers das seit
01.01.1994 gültige kirchliche Dienst- und Arbeitsvertragsrecht der
Diözese R. mit dem Inhalt
- Grundlagen des kirchlichen Arbeitsvertragsrechts,
- KODA-Beschlüsse,
- Sonderregelungen zum BAT,
- Vergütungsordnung zum BAT,
- sonstige Tarifverträge und Regelungen,
- Dienstordnungen,
- kirchliches Beamtenrecht,
- Mitarbeitervertretungsrecht,
- Gesetze, Erlasse, Sonstiges
seit dem 01.01.1996 anzuwenden.
2. Hilfsweise:
Der Beklagte zahlt an den Kläger DM 21 904,97 brutto nebst 4
% Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit Klageerhebung.
3. Höchst hilfsweise:
Der Beklagte zahlt an den Kläger DM 18 057,72 brutto nebst 4
% Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit Klageerhebung.
4. Der Beklagte zahlt an den Kläger DM 1 028,88 brutto nebst
4 % Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit Klageerhebung.
5. Hilfsweise:
Der Beklagte zahlt an den Kläger DM 340,58 brutto nebst 4 % Zinsen
aus dem verbleibenden Nettobetrag seit Klageerhebung.
Der Beklagte hat
Klageabweisung
beantragt.
Er hat eingewendet, er sei zu keinem Zeitpunkt ein kirchlicher
Rechtsträger gewesen, jedenfalls nicht mehr nach der Satzungsänderung
vom Februar 1998. Weder habe er einer kirchlichen Aufsicht oder
einem Visitationsrecht unterlegen noch finanzielle Zuschüsse seitens
der Kirche erhalten. Den Leitungs-Kontrollorganen des Vereins gehörten
keine Priester an, Satzungsänderungen bedürften
nicht der Zustimmung der Kirche. Außerdem habe
er, der Beklagte, sich in der Vergangenheit nicht an
die Vorschriften der Grundordnung gehalten, weder hinsichtlich des
Verfahrens noch hinsichtlich der Einstellungsvoraussetzungen.
Er beschäftige sowohl Mitarbeiter katholischer
und evangelischer Konfession als auch konfessionslose Mitarbeiter,
was bei einer kirchlichen Einrichtung nicht möglich sei. Auch gebe
es keine rechtsverbindliche Entscheidung seitens der Kirche, daß
er, der Beklagte, ein "sonstiger kirchlicher Rechtsträger" sei. Soweit
die MAVO-Schlichtungsstelle am 08.01.1997 entschieden habe, daß
er eine "sonstige kirchliche Einrichtung" sei, habe diese Entscheidung
weder Indizwirkung noch sei sie für die Parteien dieses Prozesses
bindend. Im übrigen habe das Schlichtungsstellenverfahren an schweren
prozeduralen Mängeln gelitten. Selbst wenn er, der Beklagte, als
sonstiger kirchlicher Träger anzusehen wäre, führte dies
nicht automatisch zur Anwendbarkeit des BAT. Die nach Artikel 7 GrO vorgesehene
paritätische Kommission müsse nämlich zunächst
- gegebenenfalls unter Anrufung eines Vermittlungsausschusses - darüber
entscheiden, ob und welche Vergütungsordnung für das Arbeitsverhältnis
angemessen wäre. Angemessen erscheine auch die hauseigene Vergütungsordnung.
Abgesehen von alledem müsse sich der Kläger die von ihm aufgrund
der hauseigenen Vergütungsordnung gewährten Leistungsprämien
im Gesamtbetrag von DM 12 000,00 brutto sowie eine Einmalzahlung und diverse
Lohnerhöhungen in Höhe von insgesamt DM 1 090,28 brutto anrechnen
lassen. Außerdem seien die Vergütungsansprüche vor September
1997 aufgrund der Ausschlußfristenregelung in § 14 des Arbeitsvertrages
verfristet.
Schließlich hat der Beklagte eingewendet, das Weihnachtsgeld
sei falsch berechnet, weil dieses seit 1994 nicht mehr einem vollen
Monatseinkommen entspreche.
Das Arbeitsgericht hat mit dem am 18.11.1998 verkündeten Urteil
der Klage teilweise stattgegeben. Es ist zu der Auffassung gelangt, daß
der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Differenzvergütung
gemäß BAT in der Fassung der KODA-Beschlüsse als Schadensersatz
hat. Das Arbeitsgericht führt aus, daß der Beklagte als ein
"sonstiger kirchlicher Rechtsträger" im Sinne des Artikels 2 Absatz
2 der GrO verpflichtet gewesen sei, die Vergütungsregelungen des
BAT-KODA auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden und den Kläger
danach zu vergüten. Der Beklagte habe gegen diese Pflicht schuldhaft
verstoßen. Deshalb schulde er dem Kläger die höhere Vergütung
als Schadensersatz. Das Arbeitsgericht hat ihm aber einen Teil der eingeklagten
Vergütung abgesprochen, weil dieser mangels rechtzeitiger Geltendmachung
verfallen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichtes
wird auf Seite 14 bis 24 des angefochtenen Urteils (ArbG-Akte Blatt
220 bis 232) verwiesen.
Gegen dieses den Parteien jeweils am 18.01.1999 zugestellte Urteil
richten sich die am 17.02.1999 vom Kläger und 18.02.1999 vom Beklagten eingelegten
Berufungen. Beide Parteien haben ihre Berufungen jeweils am 19.04.1999
und damit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist
ausgeführt.
Der Beklagte trägt zur Begründung insbesondere vor, abweichend
von der Auffassung des Arbeitsgerichtes handle es sich bei ihm um keinen
"sonstigen kirchlichen Rechtsträger" im Sinne des Artikels 2 Absatz
2 GrO, so daß diese GrO auch nicht habe übernommen werden müssen.
Deshalb komme eine Anwendung des BAT auf das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien nicht in Betracht. Schon aus den für den fraglichen
Zeitraum geltenden Satzungen sei zu ersehen, daß weder das K.-werk
noch die Katholische Kirche satzungsrechtliche Einflußmöglichkeiten
auf ihn gehabt hätten. Vielmehr würden die Vorstandsmitglieder
von der Mitgliederversammlung nach Vereinsrecht gewählt. Die Katholische
Kirche habe in der Vergangenheit aber auch keine anderweitigen Einflußmöglichkeiten
gehabt. Es gebe keine kirchliche Aufsicht
über ihn, den Beklagten. Finanziell sei er von der Kirche
völlig unabhängig. Es bestehe kein Zustimmungserfordernis
der Kirche für Satzungsänderungen. Er halte sich insgesamt nicht
an die Grundordnung. So beschäftige er Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
aller Konfessionen, Konfessionslose und auch aus der katholischen Kirche
Ausgetretene, was für eine katholische Einrichtung undenkbar sei.
Selbst wenn man die Auffassung vertrete, daß er ein kirchlicher
Rechtsträger im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 GrO sei,
so stehe lediglich fest, daß er dann eine paritätisch
besetzte Kommission zur Aushandlung der Arbeitsbedingungen entsprechend
der KODA-Ordnung hätte einrichten müssen. Die Nichtübernahme
der GrO führe aber nicht zu einem Vergütungsanspruch gemäß
BAT aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes.
Im übrigen beanstandet der Beklagte die vom Kläger begehrte
Vergütungsgruppe des BAT. Außerdem müsse sich der Kläger
die von ihm bezahlte Leistungsprämie nach der hauseigenen Vergütungsordnung
anrechnen lassen. Schließlich sei die dreimonatige Ausschlußfrist
des Arbeitsvertrages zu beachten. Wegen des weiteren Vorbringens des Beklagten
im zweiten Rechtszug wird auf die in der mündlichen Verhandlung in
Bezug genommenen Schriftsätze vom 19.04.1999, 30.04.1999 und 22.10.1999
(LAG-Akte Blatt 34 bis 44, 46/47, 77 bis 94) verwiesen.
Der Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichtes Heilbronn, Kammern Crailsheim, vom
18.11.1998 - Aktenzeichen 7 Ca 401/98 - aufzuheben und die Klage abzuweisen;
2. die Berufung des Klägers gegen
das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn, Kammern
Crailsheim, zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn, Kammern Crailsheim, wird
abgeändert und der beklagte Verein verurteilt, an den Kläger
über die zugesprochenen DM 10 354,25 sowie DM 1 028,88 brutto
hinaus weitere DM 11 550,72 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus
ergebenden Nettobetrag seit 13.08.1998 zu bezahlen.
2. Die Berufung des Beklagten gegen das
Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn, Kammern Crailsheim,
zurückzuweisen.
Der Kläger trägt zur Begründung insbesondere vor,
abweichend von der Ansicht des Arbeitsgerichtes
gelte im vorliegenden Fall die 24monatige Ausschlußfrist des §
70 BAT in der Fassung der KODA-Beschlüsse, so daß die Ansprüche
des Klägers nicht verfallen seien.
Weiter bringt der Kläger vor, daß der Beklagte eine kirchliche
Einrichtung im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 der GrO sei. Dieser sei seinem
Namen und seinem Selbstverständnis nach ein integraler Teil des K.-werkes,
das unstreitig eine kirchliche Einrichtung darstelle. Nach der Satzung
des Beklagten und dessen Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit
hätten er und die katholische Kirche identische Erziehungsideale
und -ziele, nämlich die Erziehung im Geiste A. K.-s und
die Orientierung an den Prinzipien der katholischen Soziallehre.
Im Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien
sei geregelt, daß die Lehrinhalte und die persönliche Lebensführung
des Klägers dem kirchlichen Charakter des Beklagen nicht widersprechen
dürften. Die katholische Kirche habe auch hinreichende Einflußmöglichkeiten
auf den Beklagten. So bestünden personelle Verflechtungen zwischen
dem Beklagten und der katholischen Kirche. Der Beklagte unterscheide sich
auch nicht von anderen kirchlichen Einrichtungen bezüglich der Einstellungsvoraussetzungen
von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Auch dort sei die Zugehörigkeit
zur katholischen Konfession keine Einstellungsvoraussetzung. Als kirchliche
Einrichtung im Sinne der GrO habe der Beklagte die GrO übernehmen
müssen. Gegen diese Verpflichtung habe der Beklagte schuldhaft verstoßen
und sich deshalb gegenüber dem Kläger schadenersatzpflichtig
gemacht. Die GrO habe auch eine Dritt- und Schutzwirkung für die
bei kirchlichen Rechtsträgern beschäftigten Arbeitnehmer und
Arbeitnehmerinnen. Der Beklagte sei deshalb verpflichtet, den Kläger
nach BAT-KODA zu vergüten. Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers
im zweiten Rechtszug wird auf die in der mündlichen Verhandlung in
Bezug genommenen Schriftsätze vom 15.04.1999, 23.06.1999 und 29.07.1999
(LAG-Akte Blatt 19 bis 22, 60 bis 69) verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
A
Berufung des Beklagten
I.
Die gemäß § 64 Absatz 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung
des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb verlängerter
Begründungsfrist ordnungsgemäß ausgeführt worden
(§§ 66 Absatz 1 Satz 1, 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG, §§
518 Absatz 1 und 2, 519 Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 ZPO). Im übrigen
sind Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung nicht veranlaßt.
II.
In der Sache hat die Berufung des Beklagten Erfolg. Entgegen der Ansicht
des Arbeitsgerichts steht dem Kläger gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch
nicht zu.
Zwar ist die in der zweiten Instanz ausschließlich weiterverfolgte
Zahlungsklage zulässig. Ihr Streitgegenstand ist hinreichend bestimmt
(§ 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO). Die vom Kläger begehrte Differenzvergütung
für den Zeitraum Januar 1996 bis Juli 1998 errechnet sich aus der
Addition der monatlichen Differenzansprüche unter Abzug des in
der ersten Instanz ausgeurteilten Betrages.
Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil dem Kläger kein
Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung des Arbeitsvertrages
durch den Beklagten zusteht. Der Beklagte hat schon deshalb keine Pflicht
aus dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis
verletzt, weil er kein "sonstiger kirchlicher
Rechtsträger" im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 GrO im maßgeblichen
Zeitraum gewesen und deshalb nicht verpflichtet gewesen ist,
die GrO und damit auch die Bestimmungen zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen
zu übernehmen.
1. Der in Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GrO normierte Rechtsbegriff "sonstiger
kirchlicher Rechtsträger" ist weder in der GrO selbst noch in anderen
kirchenrechtlichen Bestimmungen inhaltlich näher definiert. Deshalb
bietet es sich an, bei seiner Auslegung auf die von der Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts zu § 118 Absatz 2 BetrVG ("Dieses Gesetz
findet keine Anwendung auf Religionsgesellschaften und ihre karitativen
und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform") entwickelten
Auslegungsmaßstäbe zurückzugreifen, da es sowohl bei der
Bestimmung des Geltungsbereiches der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes
im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" als auch
bei § 118 Absatz 2 BetrVG um die Reichweite des verfassungsrechtlich
garantierten Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrechts der Kirche (vergleiche
BAG-Urteil vom 06.12.1977, AP Nr. 10 zu § 118 BetrVG 1972, II. 1.
der Gründe; BAG-Urteil vom 14.04.1988, AP Nr. 36 zu § 118 BetrVG
1972, II. 2. der Gründe) geht und beide Normen einen ähnlichen
Wortlaut aufweisen ("sonstige kirchliche Rechtsträger" einerseits,
"Religionsgemeinschaften und ihre ... Einrichtungen" andererseits). Allerdings
ist nicht zu verkennen, daß die Zielsetzungen beider Normen geringfügig
voneinander differieren, was im Grenzfall entscheidungserheblich sein
kann. Während § 118 Absatz 2 BetrVG der Sicherung des verfassungsrechtlich
geschützten autonomen Rechtsraumes der Kirchen durch eine Beschränkung
des staatlich gesetzten Rechts dient - wobei die
Schutzwirkung umso weiter reicht, je weiter der Begriff der "kirchlichen
Einrichtungen" gefaßt wird -, bezweckt Artikel 2 Absatz 2 Satz 1
GrO tendenziell eine Ausweitung des originären Geltungsbereiches
kirchenrechtlicher Normsetzung. Die zur Bestimmung von Inhalt und Reichweite
des § 118 Absatz 2 BetrVG entwickelten Kriterien des Bundesarbeitsgerichts
können deshalb nicht ohne weiteres auch zur Auslegung des Artikels
2 Absatz 2 Satz 1 GrO herangezogen werden. Folgende Aussage erscheint
allerdings zulässig: Kann der Beklagte unter Zugrundelegung der zu
§ 118 Absatz 2 BetrVG entwickelten Kriterien nicht als kirchliche
Einrichtung qualifiziert werden, dann ist er auch nicht als ein sonstiger
kirchlicher Rechtsträger im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Satz
1 GrO anzusehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt dann eine
Einrichtung einer Religionsgemeinschaft vor, wenn sowohl eine inhaltliche Übereinstimmung
in der Zielsetzung als auch eine organisatorische Zuordnung besteht (vergleiche
BVerfG, Urteil vom 11.10.1977, AP Nr. 1 zu § 140 GG; BAG, Urteil
vom 14.04.1988, aaO; Urteil vom 24.07.1991, AP Nr. 48 zu § 118 BetrVG
1972; Urteil vom 30.04.1997, AP Nr. 60 zu § 118 BetrVG 1972).
Die Regelungs- und Verwaltungsbefugnis gemäß
Artikel 140 GG, Artikel 137 Absatz 3 WV steht der Kirche nicht nur
hinsichtlich ihrer körperschaftlichen Organisation und ihrer Ämter
zu, sondern auch hinsichtlich ihrer Vereinigungen, die sich nicht die
allseitige, sondern nur die parzielle Pflege des religiösen
oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben.
Voraussetzung dafür ist aber, daß der Zweck der Vereinigung
gerade auf die Erreichung eines solchen Zieles gerichtet ist (BVerfG 11.10.77,
aaO). Als erstes Kriterium muß also eine inhaltliche Übereinstimmung
zwischen Einrichtung und Religionsgemeinschaft gegeben sein. Für
die Zuordnung einer rechtlich selbstständigen Einrichtung zur Kirche
ist jedoch nicht ausreichend, daß die Einrichtung ihrem Zweck nach
auf die Verwirklichung eines kirchlichen Auftrages gerichtet ist. Hinzukommen
muß ein Mindestmaß an Einflußmöglichkeiten der
Kirche, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung
der Einrichtung mit kirchlichen Vorstellungen gewährleisten zu können.
Der ordnende Einfluß der Kirche bedarf zwar keiner satzungsmäßigen
Absicherung, die Kirche muß jedoch in der Lage sein, einen etwaigen
Dissens in religiösen Angelegenheiten zwischen ihr und der Einrichtung
unterbinden zu können (BAG, Urteil vom 14.04.1988, aaO; BAG Urteil
vom 30.04.1997, aaO). Als zweites Kriterium für das Vorliegen einer
Einrichtung einer Religionsgemeinschaft muß folglich
ein Mindestmaß an Einflußmöglichkeiten der Kirche hinzukommen.
Indizien einer solchen Zuordnung können sein: die kirchliche Trägerschaft;
eine Verantwortlichkeit der leitenden Personen gegenüber
der Amtskirche; eine Finanzierung und vor allem
eine Haftung seitens der Religionsgemeinschaft bei Zahlungsverzug der
Einrichtung (GK-Fabricius, Betriebsverfassungsgesetz, 6. Auflage,
§ 118 Randziffer 783 mit weiteren Nachweisen).
Sind beide Kriterien erfüllt, genießt die betreffende Einrichtung
Tendenzschutz.
Nach Auffassung der Kammer kann jedoch ein nach bürgerlichem Recht
gegründeter und im Rechtsverkehr auftretender rechtsfähiger
Verein in Abweichung von den obigen Maßstäben
nur dann als kirchliche Einrichtung im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Satz
1 GrO angesehen werden, wenn er sich satzungsgemäß ausdrücklich
als kirchliche Einrichtung versteht oder wenn er sich in toto kirchenrechtlichen
Normen unterwirft oder durch rechtsverbindliche Erklärung der satzungsgemäßen
Vertreter des Vereins sichergestellt ist, daß sich dieser
als kirchliche Einrichtung behandeln lassen will; denn die verfassungsrechtlich
geschützte Regelungs- und Verwaltungsbefugnis der Kirchen gestattet
es diesen nicht, Rechtsträger, die ihre rechtliche Existenz staatlichem
Recht verdanken und ihm unterworfen sind, ohne
deren erklärten Willen dem Geltungsbereich des Kirchenrechts
zu unterwerfen. Der Regelkreis des Kirchenrechts reicht nur soweit, wie
staatliches Recht (Verfassung, Gesetz) dies zuläßt. Eine Regelung
zu Lasten eines Rechtsträgers nach staatlichem Recht ohne besonderen
Geltungsgrund anerkennt dieses aber nicht.
2. Wenn man die vorgenannten Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden
Sachverhalt anwendet, gelangt man zu dem Ergebnis, daß der Beklagte
zu keinem Zeitpunkt innerhalb des maßgeblichen Vergütungszeitraumes
ein kirchlicher Rechtsträger im Sinne der Grundordnung gewesen
ist.
Zwar liegt eine weitgehende Übereinstimmung in der Zielsetzung zwischen
der katholischen Kirche und dem Beklagten vor. Der Beklagte orientiert
sich nach seinem Selbstverständnis an den Prinzipien der katholischen
Soziallehre und an der Persönlichkeit und dem Lebenswerk von A. K..
Der Beklagte hat deshalb Teil "an der Verwirklichung eines Stückes
Auftrag der Kirche im Geist katholischer Religiosität, im Einklang
mit dem Bekenntnis der katholischen Kirche und in Verbindung mit den Amtsträgern
der katholischen Kirche" (BVerfG 11.10.1977, aaO).
Zumindest im hier maßgeblichen Zeitraum (Januar 1996 bis Juli 1998)
kann jedoch bereits nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
zu § 118 Absatz 2 BetrVG nicht von einem Mindestmaß an Einflußmöglichkeiten
der katholischen Kirche auf den Beklagten gesprochen werden, wobei die
historische Entwicklung zeigt, daß sich der Beklagte in wachsendem
Maße vom K.-werk und der katholischen Kirche gelöst hat; ein
Prozeß, der schließlich in die Satzungsänderung vom 23.01.1998
mündete. Auch sprechen weitere Indizien dafür, daß sich
der Beklagte vorübergehend nach eigenem Selbstverständnis als
ein kirchlicher Rechtsträger verstanden haben muß: Nach §
2 des Arbeitsvertrages sollen subsidiär zu gesetzlichen Bestimmungen
oder anderweitigen vertraglichen Regelungen die Rechtsvorschriften für
die kirchlichen Mitarbeiter gelten, nach § 4 Absatz 2 soll sich der
Kläger so verhalten, wie es von Angehörigen des kirchlichen
Dienstes erwartet wird; und außerdem bestand bis zur Wahl eines
Betriebsrates im Betrieb des Beklagten eine Mitarbeitervertretung, wie
sie für kirchliche Einrichtungen typisch
ist. Aber diese Indizien sind ebenso
wie die Rechtsauffassung der Diözese R. bis Januar 1998,
daß der Beklagte ein kirchlicher Rechtsträger sei, nicht konstitutiv
für die Zugehörigkeit eines rechtlich selbständigen
Vereins zur Kirche. Der Geltungsbereich
von kirchlichen Normen wird nicht allein durch die Kirche bestimmt,
sondern auch von der juristischen Person, für die die Normen
gelten sollen. Eine Einrichtung, die sich der mit dem Petrusamt
verbundenen bischöflichen Hirtengewalt entzieht, ist keine Wesens-
und Lebensäußerung der Katholischen Kirche; denn
"nur die mit dem Bischof einige Gemeinde
ist Katholische Kirche, nicht die Teilgruppen, die sich
- aus welchen Gründen auch immer - davon abgesondert haben"
(vergleiche Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 2. Auflage, Seite
36 Randziffer 14 mit weiteren Nachweisen).
Nach Auffassung der erkennenden Kammer sprechen im
vorliegenden Fall erheblich mehr Kriterien gegen als
für die kirchliche Trägerschaft des Beklagten. Schon satzungsrechtlich
ist kein maßgebender Einfluß der katholischen Kirche auf den
Beklagen feststellbar. Von den sieben Mitgliedern des Vorstandes des Beklagten
werden nur zwei Mitglieder aus einem Vorschlag des Diözesanvorstandes
des K.-werkes von der Mitgliederversammlung gewählt. Ein beherrschender
oder auch nur maßgeblicher Einfluß einer katholischen
Einrichtung auf den Beklagten ist also nicht gegeben.
Auch daß die Vorstandsmitglieder Mitglieder des
K.-werkes sein müssen, spricht nicht denknotwendig für
eine erhebliche organisatorische Einflussmöglichkeit der katholischen
Kirche. Weiter fällt ins Gewicht, daß der Beklagte keinerlei
finanzielle Zuschüsse von der katholischen Kirche oder vom
K.-werk erhält, sondern alle Mittel eigenverantwortlich
erwirtschaften muß. Eine Zustimmung der Kirche für
Satzungsänderungen ist nicht erforderlich,
so daß der Beklagte deshalb im Januar 1998 eigenständig
entscheiden konnte, er werde die Grundordnung der katholischen
Kirche nicht übernehmen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß
der Beklagte konfessionslose und aus der katholischen Kirche ausgetretene
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt (hat). Dies verstößt
gegen Artikel 3 Absatz 2 und 4 der GrO und zeigt auf, daß der Beklagte
auch in anderen Punkten die Grundordnung nicht übernommen hat. Schließlich
spricht die nunmehrige Rechtsansicht des Beklagten, nämlich
daß er kein kirchlicher Rechtsträger
sei, gegen ein Mindestmaß an Einflußmöglichkeiten
der katholischen Kirche auf die Willensbildung des Beklagten. Eine Einrichtung,
die - aus welchen Gründen auch immer - nicht zur
katholischen Kirche gehören will, nimmt nicht teil an der Wesens-
und Lebensäußerung der katholischen Kirche. Gegen ihren erklärten
Willen ist die Verwirklichung des Auftrages der Kirche schwer vorstellbar.
Im Gegensatz zu den oben zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes
und des Bundesarbeitsgerichtes, in denen die jeweilige Einrichtung
die Rechtsansicht geäußert hat, sie sei der Kirche zugeordnet
und das Betriebsverfassungsgesetz sei deshalb nicht anwendbar, ist
der Beklagte im vorliegenden Fall gerade der Auffassung, er sei der
Kirche nicht zugeordnet.
Insgesamt überwiegen deshalb deutlich die Kriterien, die gegen ein
Mindestmaß an Einflußmöglichkeiten der katholischen Kirche
sprechen. Daraus folgt, daß bereits in Anwendung der Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts zu § 118 Absatz 2 BetrVG der Beklagte nicht
als kirchliche Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung anzusehen war und
anzusehen ist und deshalb auch kein "sonstiger kirchlicher Rechtsträger"
im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Satz 1 GrO im streitbefangenen Vergütungszeitraum
gewesen ist. Erst recht gilt diese Aussage, wenn man mit der Kammer bei
der Auslegung des zuletzt genannten Begriffes postuliert, daß ein
eingetragener Verein nach bürgerlichem staatlichem Recht nur dann
ein sonstiger kirchlicher Rechtsträger sein kann, wenn seine
Satzung dies so vorsieht oder durch eindeutige
rechtsgeschäftliche Erklärungen seiner gesetzlichen Vertreter
sichergestellt ist, daß sich der Verein als solcher betrachtet
und sich kirchlichem Recht unterwerfen will.
Daß die MAVO-Schlichtungsstelle der Diözese R. im Jahr 1977
- zuletzt mit Beschluß vom 01.08.1997 - den Beklagten als sonstigen
kirchlichen Rechtsträger im Sinne des § 1 Absatz 2 MAVO,
Artikels 2 Absatz 2 Satz 1 GrO eingestuft hat, zwingt zu keiner anderslautenden
Aussage. Zum einen bindet die Entscheidung der Schlichtungsstelle nur
die konkret am Schlichtungsverfahren Beteiligten (§ 42 Absatz 2 MAVO),
zum anderen könnte sich eine Bindungswirkung allenfalls auf den entschiedenen
Streitgegenstand beziehen, also auf die Ersetzung einer (verweigerten)
Zustimmung zur Eingruppierung einer bestimmten Mitarbeiterin B. in die
hauseigene Vergütungsgruppe E 4, nicht aber auf die Verpflichtung
des Beklagten zur Zahlung von Vergütung nach dem Vergütungssystem
des BAT an den Kläger. Schließlich ist nicht erkennbar, aufgrund
welcher tatsächlichen Feststellungen und welcher Entscheidungskriterien
die MAVO-Schlichtungsstelle zu ihrer Qualifizierung des Beklagten gekommen
war.
War aber der Beklagte kein "sonstiger kirchlicher Rechtsträger"
im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Satz 1 GrO, war die Klage schon aus diesem
Grund abzuweisen und das angefochtene arbeitsgerichtliche Urteil dementsprechend
abzuändern.
B
Berufung des Klägers
I.
Die gemäß § 64 Absatz 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung
des Klägers ist ebenfalls fristgerecht eingelegt und ausgeführt
worden. Auch im übrigen sind Bedenken an der Zulässigkeit der
Berufung nicht veranlaßt.
II.
Die Berufung des Klägers hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Aus den unter A des Urteils genannten Gründen ist die (weitergehende)
Klage abzuweisen.
C
Nebenentscheidungen
1. Die Kosten des Rechtsstreites waren dem Kläger gemäß
§ 64 Absatz 6 ArbGG in Verbindung mit § 91 Absatz 1 ZPO aufzuerlegen.
2. Die Kammer mißt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
bei und hat daher die Revision zugelassen (§ 72 Absatz 2 Nr. 1
ArbGG).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
Gegen dieses Urteil findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt.
...
Leicht Holzwarth
Kehl