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Anwendbarkeit der sog. Kleinbetriebs- bzw. -verwaltungsklausel des Kündigungsschutzgesetzes auf evangelische Kirchengemeinde als Arbeitgeberin

 

1. Für die Feststellung der für die Anwendbarkeit des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes notwendigen Arbeitnehmerzahl sind von anderen Arbeitgebern (Unternehmen) beschäftigte Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zuberücksichtigen; es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, daß eine darüber hinausgreifende Berechnung der Arbeitnehmerzahl- abgesehen von Mißbrauchsfällen - nur dann in Betracht kommt, wenn aufgrund einer Führungsvereinbarung der beteiligten Arbeitgeber (Unternehmen) eine einheitliche institutionelle Leitung hinsichtlich des Kerns der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich besteht.

 

2. Nach diesen Grundsätzen genießen die Arbeitnehmer einer Kirchengemeinde der evangelischen Kirche im Rheinland in der Regel keinen Kündigungsschutz nach dem ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes, wenn die Kirchengemeinde nicht eine größere als die in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG genannte Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. November 1998 - 2 AZR 459/97, demnächst in AP Nr. 20 zu § 23 KSchG 1969

 

Aus dem Tatbestand:

 

Der am 26. Juli 1963 geborene, verheiratete Kläger war seit 1. September 1992 bei der beklagten Kirchengemeinde als Kantorgegen eine Vergütung von monatlich 5.300,-- DM brutto tätig. Einzelvertraglich wurde die Anwendbarkeit des Bundes-Angestelltentarifvertrages - kirchliche Fassung (BAT-KF) vereinbart. Auf seiten der Beklagten unterzeichneten für deren Presbyterium der stellvertretende Vorsitzende sowie zwei weitere Mitglieder des Presbyteriums den Arbeitsvertrag.

Die Beklagte beschäftigt neben dem Kläger eine Küsterin sowie eine Putzfrau mit vier Stunden pro Woche. Ferner sind bei der Beklagten zwei Pfarrer tätig. Eine Mitarbeitervertretung besteht nicht. Die Beklagte ist Mitglied im Verband der Evangelischen Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld. Der Verband übernahmausweislich der Satzung in der letzten Fassung vom August 1995 geistliche Aufgaben sowie Verwaltungsaufgaben. Der Verband unterhält ein Verwaltungsamt mit ca. 35 Mitarbeitern, das für die Verwaltungsaufgaben zuständig ist. Bei diesem Verwaltungsamt ist eine Mitarbeitervertretung gebildet.

Nachdem es Ende 1994 zu Differenzen zwischen den Parteien wegen der Art des Umfanges der kirchenmusikalischen Aktivitäten des Klägers kam, verschärften sich diese im Laufe des Jahres 1995. Die Beklagte vertrat eine andere Auffassung zum Aufbau eines Chores innerhalb der Gemeinde und warf dem Kläger insbesondere vor, sich zu stark um einen außerhalb der Gemeinde existierenden Chor zu kümmern, der auch der Beklagten für kirchenmusikalische Aufführungen zur Verfügung stand.

Nach einer Ermahnung im November 1994 erinnerte die Beklagte den Kläger nochmals mit Schreiben vom 30. März 1995 an die Einhaltung seiner Dienstpflichten. Mit Schreiben vom 11. Mai 1995 erteilte sie dem Kläger eine Abmahnung. Anfang Januar 1996 kam es zu einem Gespräch über eine mögliche Kündigung des Klägers. Innerhalb des Presbyteriums bestand keine einheitliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers. Der Superintendent des Kirchenkreises wies zudem darauf hin, daß eine Kündigung mit der vorgesehenen Begründung nicht haltbar sei. Deshalb sah die Beklagte von einer Kündigung zunächst ab und verhandelte mit dem Kläger über einen Aufhebungsvertrag. Dieser kam im Ergebnis nicht zustande. Daraufhin beschloß die Beklagte Ende Juni 1996 eine Kündigung des Klägers. Mit Schreiben vom 18. Juli 1996 teilte der Superintendent der Beklagten mit, daß der Kreissynodalvorstand in seiner Sitzung vom 15. Juli 1996 beschlossen habe, diesem Kündigungsbeschluß zuzustimmen.

Mit Schreiben vom 9. August 1996, dem Kläger zugegangen am 12. August 1996, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1996.

Mit seiner am 28. August 1996 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt. Er hat geltend gemacht, er genieße Kündigungsschutz i.S. des Kündigungsschutzgesetzes. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

 

Aus den Gründen:

 

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

 

1. Bei der Prüfung, ob auf die streitige Kündigung der 1. Abschnitt des KSchG anzuwenden ist, ist das Landesarbeitsgericht im Ansatz zutreffend von § 23 Abs. 1 KSchG ausgegangen. Bedienen sich nämlich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht mit seinen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften Anwendung. Unstreitig erfüllt die beklagte Kirchengemeinde für sich genommen in keinem Fall die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG.

Allerdings ist insoweit, wie die Revision mit Recht rügt, nicht auf den Begriff des Betriebes abzustellen. Die Beklagte ist nämlich als Gebietskörperschaft öffentlich-rechtlich organisiert. Maßgeblich für die Anwendbarkeit des 1. Abschnitts des KSchG auf die streitige Kündigung ist deshalb allein der in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG enthaltene Begriff der Verwaltung, die unter Umständen mehrere Dienststellen umfassen kann.

 

2. Die Maßgeblichkeit des Begriffs der Verwaltung ändert freilich nichts daran, daß der Kündigungsschutz nach dem KSchG grundsätzlich nicht unternehmens-, d.h. arbeitgeberübergreifend ausgestaltet ist (vgl. schon § 1 Abs. 1 KSchG). Arbeitgeber des Klägers ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, die beklagte Kirchengemeinde und nicht etwa der Verband der Evangelischen Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld oder die Landeskirche. Die Beklagte ist als Gebietskörperschaft öffentlichen Rechts eine eigenständige juristische Person; als solche hat sie den Vertrag mit dem Kläger abgeschlossen (Art. 103 Kirchenordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland, §§ 10, 11 Kirchengesetz für den kirchenmusikalischen Dienst in der Evangelischen Kirche der Union).

Der Beklagten und nicht etwa der Landeskirche oblag es gem. Art. 6 Abs. 1 Kirchenordnung, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Ämter und Dienste einzurichten. Der Senat hat auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes darauf abgestellt, ob einer Einheit eine selbständige Rechtspersönlichkeit mit der Folge zukommt, daß sie eine eigene Verwaltung i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG bildet.

 

3. Wie das Landesarbeitsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, hat der Senat für den Bereich der Privatwirtschaft die Annahme eines ausnahmsweise arbeitgeberübergreifenden Kündigungsschutzes stets davon abhängig gemacht, daß sich zwei oder mehrere Unternehmen zur gemeinsamen Führung eines Betriebes - zumindest konkludent - rechtlich verbunden haben, sodaß der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird. Das trifft nicht schon dann zu, wenn die Unternehmen z.B. auf der Grundlage von Organ- oder Beherrschungsverträgen lediglich unternehmerisch zusammenarbeiten. Vielmehr muß die Vereinbarung auf eine einheitliche Leitung für die Aufgaben gerichtet sein, die vollzogen werden müssen, um die in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke erfüllen zu können.

Auch daß die Kündigung ebenso wie der Arbeitsvertrag der kirchenaufsichtlichen Genehmigung bedurfte, ändert daran nichts: Ebenso wie die Anstellung auf Beschluß des Presbyteriums als Leitungsorgan der Beklagten erfolgte (Art. 91, 103 Kirchenordnung, §§ 10, 11 Kirchengesetz für den kirchenmusikalischen Dienst), ging der Entschluß zur Kündigung von der Beklagten aus; bei ihr erfolgte die Willensbildung; die Beklagte vollzog mit der Kündigung also nicht bloß den Willen einer übergeordneten Instanz. Bei der aufsichtlichen Genehmigung geht es dementsprechend um die Genehmigung einer fremden Willenserklärung, die aufsichtliche Mitwirkung macht die Willenserklärung nicht zu einer solchen der aufsichtsführenden Körperschaft, selbst wenn diese, wie die Revision geltend macht, sich nicht auf eine bloße Rechtmäßigkeitskontrolle zu beschränken brauchte. Auch im Bereich öffentlich-rechtlichen Handelns durch Verwaltungsakt wird im übrigen ungeachtet einer aufsichtlichen Beteiligung darauf abgestellt, welchem Rechtsträger die den Verwaltungsakt erlassende Behörde angehört

 

4. Allerdings wird teilweise für den Bereich der Privatwirtschaft vor dem Hintergrund der Änderung des § 23 Abs. 1 KSchG durch das am 1. Oktober 1996 in Kraft getretene Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz ein "Berechnungsdurchgriff im Konzern" im Wege einer "teleologischen Reduktion" befürwortet. Ein solcher unternehmensübergreifender "Berechnungsdurchgriff" ist jedoch de lege lata nicht möglich, weil der Gesetzgeber am Betriebsbegriff festgehalten hat,obgleich im Gesetzgebungsverfahren ein Abstellen auf das Unternehmen diskutiert wurde. und auch dem Bundesrat vorliegende Entwürfe für ein Arbeitsvertragsgesetz (BR-Drucks. 293/95 und 671/96) dies vorsahen. Daß das Gesetz für seinen Anwendungsbereich am Betriebsbegriff festhält, statt auf den in der Regel weiteren Unternehmensbegriff abzustellen, belegt auch § 322 Abs. 2 UmwG. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die schon genannte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, nach der es für einen ausnahmsweise unternehmensübergreifenden Kündigungsschutz auf eine Führungsvereinbarung und einheitliche institutionelle Leitung insbes. hinsichtlich des Kerns der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich ankommt und eine bloße unternehmerische Zusammenarbeit auf der Grundlage von Organ- und Beherrschungsverträgen für eine Zusammenrechnung der beschäftigten Arbeitnehmer im Rahmen von § 23 Abs. 1 KSchG nicht ausreicht. Indem der Gesetzgeber sich in § 322 Abs. 2 UmwG der Konstruktion einer Fiktion ("gilt ... als Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzrechts") bedient hat, hat er zugleich zum Ausdruck gebracht, daß er den Fall eines gemeinsamen Betriebes mehrerer Unternehmen an sich nicht mehr vom Normgehalt des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG umfaßt sieht. Von daher wäre ein über diese Fallgestaltung hinausgehender "Berechnungsdurchgriff" auf den Konzern ein solch massiver Eingriff in die gesetzgeberische Entscheidung, daß er grundsätzlich nicht mehr im Wege der Auslegung erfolgen könnte.

Hinsichtlich der Anknüpfung des allgemeinen Kündigungsschutzes an die Beschäftigtenzahl in einer Verwaltung, wie sie imvorliegenden Fall maßgeblich ist, gilt nichts anderes. Auch diese hat der Gesetzgeber unverändert gelassen und er geht weiterhin davon aus, es gebe Verwaltungen, bei denen die Einräumung allgemeinen Kündigungsschutzes für ihre Beschäftigten ihre Funktionsfähigkeit in Frage stellen würde. Verwaltungen mit einer Beschäftigtenzahl von unter elf wären aber kaum vorstellbar, wenn der vom Kläger geforderte "Berechnungsdurchgriff" auf andere Verwaltungsträger vorgenommen würde.Der "Berechnungsdurchgriff" widerspräche offensichtlich der Intention des Gesetzgebers. Ein vom Betriebs- bzw.Verwaltungsbegriff losgelöster arbeitgeberübergreifender "Berechnungsdurchgriff" könnte somit allenfalls in Ausnahmefällen verfassungsrechtlich geboten sein.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - (BGBl. I S. 742 = AP Nr. 17 zu§ 23 KSchG 1969) den hier einschlägigen § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG a.F. sowohl hinsichtlich der Größe des Kleinbetriebes als auch hinsichtlich der Anknüpfung an den Begriff "Betrieb" unbeanstandet gelassen und nur im Wege einerverfassungskonformen Auslegung eine Beschränkung auf solche Einheiten verlangt, für deren Schutz die Kleinbetriebsklausel allein bestimmt ist. Unter solchen "Einheiten" hat das Bundesverfassungsgericht aber nicht etwa auch solche mit eigener Rechtspersönlichkeit, d.h. (Konzern-)Unternehmen, verstanden, sondern ausgehend vom betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff organisatorische Einheiten, innerhalb derer d e r A r b e i t g e b e r bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt . Darunter, so das Bundesverfassungsgericht weiter, könnten im Einzelfall auch Teile größerer Unternehmen fallen, für die die Gesichtspunkte nicht zutreffen, die eine Benachteiligung der Arbeitnehmer von Kleinbetrieben bei der Ausgestaltung des Kündigungsrechts rechtfertigen. Die Absage des Gesetzgebers an eine von der einheitlichen institutionellen Leitung auch im sozialen und personellen Bereichunabhängige unternehmensübergreifende Berechnung der für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes maßgeblichen Beschäftigtenzahl ist auch nach Ansicht des erkennenden Senats verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie verletzt weder Art. 12 Abs. 1 GG noch Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Wie das Bundesverfassungsgericht (aaO) ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber bei einer allein am objektiven Gehalt der Grundrechte zu messenden, das private Vertragsrecht ausgestaltenden Norm wie § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG einen weiten Gestaltungsfreiraum. Die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungenliegt in seiner politischen Verantwortung, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkungen seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, d.h. die Gewichtung der einander entgegenstehenden Belange und die Bestimmung ihrer Schutzbedürftigkeit. Eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten kann daher in einer solchen Lage nur festgestellt werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet wird, daß in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann.

Daran gemessen verletzt die Grenzziehung, die eine unternehmensübergreifende Berechnung der für den Kündigungsschutzmaßgeblichen Beschäftigtenzahl von einer einheitlichen Leitung auch im sozialen und personellen Bereich abhängig macht, Art. 12 Abs. 1 GG nicht. Wie das Bundesverfassungsgericht betont, ist das Kündigungsrecht des Kleinunternehmers in hohem Maße schutzwürdig, und zwar u.a. deshalb, weil es in einem Betrieb mit wenigen Arbeitskräften auf die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Arbeitnehmers ebenso ankommt wie auf Persönlichkeitsmerkmale, die für die Zusammenarbeit, die Außenwirkung und das Betriebsklima von Bedeutung sind. Kleine Teams sind anfällig für Mißstimmungen und Querelen, wie im übrigen auch dervorliegende Fall belegt. Zwar sind auch auf seiten des Arbeitnehmers gewichtige Belange in die Waagschale zu werfen (vgl. im einzelnen BVerfGE, aaO, zu B I 3 b aa der Gründe). Mit einem regelmäßigen Abstellen auf die Beschäftigtenzahl des Betriebes und der Voraussetzung einer einheitlichen Leitung im Kernbereich der Arbeitgeberfunktionen für eine unternehmensübergreifende Berechnung der Beschäftigtenzahl hat der Gesetzgeber jedoch den Interessengegensatz in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu einem Ausgleich gebracht. Den Arbeitnehmern im konzernabhängigen Kleinunternehmen ist das größere rechtliche Risiko eines Arbeitsplatzverlustes angesichts der grundrechtlich geschützten Belange der Arbeitgeber zuzumuten.

Dabei fällt ins Gewicht, daß die Arbeitnehmer durch ihre Herausnahme aus dem gesetzlichen Kündigungsschutz nicht völlig schutzlos gestellt sind. Wo die Bestimmungen des KSchG nicht greifen, sind die Arbeitnehmer durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt. Im Rahmen dieser Generalklauseln ist auch der objektive Gehalt der Grundrechte zu beachten. Hier ergeben sich die maßgebenden Grundsätze vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG. Der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitsplatzes vor Verlust durch private Disposition ist damit in jedem Fall gewährleistet. In sachlicher Hinsicht geht es vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen.

Allerdings besteht im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt für einen derartigen Mißbrauch der Organisationsfreiheit durch die Beklagte bzw. die Evangelische Kirche. Die gesetzlichen Schranken für eine unternehmensübergreifende Berechnung der für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes maßgebenden Beschäftigtenzahl sind auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar. Insbesondere die schon genannte Störanfälligkeit kleiner Teams für Mißstimmungen und Personalquerelen ist ein sachlicher Grund, der eine Anknüpfung des allgemeinen Kündigungsschutzes an die unter einheitlicher Leitung hinsichtlich des Kernbereichs der Arbeitgeberfunktionen beschäftigte Zahl von Arbeitnehmern und damit eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer von Kleinbetrieben bzw. -verwaltungen im Vergleich zu denen rechtfertigt, die in größeren Betrieben bzw.Verwaltungen tätig sind. Vorliegend lagen, wie bereits dargelegt, der Kern der Arbeitgeberfunktionen und insbesondere das arbeitgeberseitige Direktionsrecht nicht beim Verband der Evangelischen Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld, sondern bei der Beklagten selbst. Deshalb ist für die Anwendbarkeit des 1. Abschn. des KSchG gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur auf die Zahl der beider Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen. Danach hat der Kläger keinen allgemeinen Kündigungsschutz.

 

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 12 BAT-KF. Der Arbeitsvertrag des Klägers verweist in § 2 nicht speziell auf diese Vorschrift, sondern auf den BAT-KF allgemein. Diese generelle Verweisung auf den BAT-KF macht auch dann Sinn, wenn einzelne Tarifnormen aufgrund der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses leerlaufen. Deshalb kann aus fehlenden Versetzungsmöglichkeiten der Beklagten für den Kläger und dem diesbezüglichen Leerlaufen von § 12 BAT-KF nicht abgeleitet werden, dem Kläger sei arbeitsvertraglich Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 KSchG eingeräumt worden.

Mangels Mitarbeitervertretung bei der Beklagten scheitert die Wirksamkeit der streitigen Kündigung ferner auch nicht an kollektivrechtlichen Vorgaben. Die Mitarbeitervertretung des Verwaltungsamtes, die den Kläger nicht repräsentierte, brauchte die Beklagte nicht zu beteiligen.

 

5. Die streitige Kündigung ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, schließlich auch nicht gem. § 242 BGB unwirksam. Der durch die Generalklauseln vermittelte Schutz darf nicht dazu führen, daß dem Kleinunternehmer praktisch die im Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden.

Die Revision sieht zunächst zutreffend, daß in Fällen, in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, nicht versucht werden darf, die gleichen Ergebnisse mit Hilfe des § 242 BGB herbeizuführen. Ihrem weiteren Vorbringen zu folgen, würde aber gerade bedeuten, über § 242 BGB zu prüfen, ob die von der Beklagten angeführten verhaltensbedingten Gründe die streitige Kündigung gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial rechtfertigen. Eben dies verbietet der Respekt vor der gesetzgeberischen Eingrenzung des Kündigungsschutzes durch § 23 Abs. 1 KSchG.

Der Kläger kann sich demgegenüber auch nicht auf einen besonderen Vertrauensschutz berufen.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. November 1998 - 2 AZR 459/97, demnächst in AP Nr. 20 zu § 23 KSchG 1969