Nach dem Arbeitszeitgesetz ist Bereitschaftsdienst ab dem 01.01.2004
nicht länger Ruhezeit, sondern Arbeitszeit. Im Gesetz ist im §
25 eine Übergangsregelung verankert, die zum 1.1.2006 ausläuft;
darin wird den Tarifpartnern Zeit für die Anpassung ihrer Vereinbarungen
an die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes zum Bereitschaftsdienst
eingeräumt.
Diese Übergangsregelung soll jetzt um ein Jahr bis zum 31.12.2006
verlängert werden (siehe Koalitionsvertrag CDU, CSU, SPD - Punkt
2.7.3 Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie).
Dieses Ansinnen kommt zeitlich sehr spät; denn die meisten Einrichtungen
haben mit Blick auf das erwartete Auslaufen der Übergangsfrist
ihre betrieblichen Arbeitszeitregelungen bereits dem grundsätzlich
geltenden Recht angepasst. Auch die Tarifvertragsparteien des öffentlichen
Dienstes haben die Problematik der Verlängerung der täglichen
Arbeitszeit über 8 Stunden hinaus durch zusätzliche Leistung
von Bereitschaftsdienst im neuen Tarifvertrag für den öffentlichen
Dienst (TVÖD) bereits abschließend zum 1.10.2005 geregelt
(vgl. § 45 TVöD – Besonderer Teil Krankenhäuser
mit der Verlängerung auf 13 bzw. 16 Stunden pro Tag).
Die im Gesetz vorgesehene Übergangsregelung (§ 25 ArbZG)
ist seit Anbeginn grundsätzlich umstritten. Rechtsklarheit brachte
erst das Urteil der Großen Kammer des EuGH (Bereitschaftsdienst
Fall Pfeiffer - verbundene Rechtssachen C-397/01 bis C-403/01), wonach
die EU-Richtlinie alle Voraussetzungen erfüllt, um unmittelbare
Wirkung auch ohne nationale Umsetzung zu entfalten. Dies bedeutet, dass
sich jeder Arbeitnehmer auf dieses geltende Schutzrecht berufen kann
und damit der § 25 Arbeitszeitgesetz ins Leere läuft bzw.
europarechtswidrig ist.
Dieses wurde durch Urteil
des Gerichtshofes in der Rechtssache C-14/04 vom 1. Dezember 2005 nochmals
bestätigt:
DER GERICHTSHOF BESTÄTIGT DIE EINSTUFUNG
VON BEREITSCHAFTSDIENSTEN ALS ARBEITSZEIT
Die Nachtwache, die ein Erzieher in einer Einrichtung
für Behinderte versieht, ist bei der Prüfung, ob die Schutzbestimmungen
des Gemeinschaftsrechts für Arbeitnehmer - insbesondere, was
die zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit angeht
- eingehalten werden, in vollem Umfang zu berücksichtigen.
Auch das Bundesarbeitsgericht hatte in seinem Urteil vom 16. März
2004 - 9 AZR 93/03 (Arbeitszeit im kirchlichen Krankenhaus) festgestellt,
dass nach § 3 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz die werktägliche Arbeitszeit
acht Stunden nicht überschreiten darf. Sie kann auf bis zu zehn
Stunden am Tag verlängert werden, wenn sie im Durchschnitt von
sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen acht Stunden werktäglich erreicht.
Bereitschaftsdienst ist seit der Änderung des Arbeitszeitgesetzes
zum 1. Januar 2004 Arbeitszeit in diesem Sinne. Abweichungen von der
im Gesetz vorgesehenen Höchstdauer sind in kirchlichen Regelungen
unter bestimmten Einschränkungen zugelassen. Sie setzen voraus,
dass sie in einem kirchenrechtlich legitimierten Arbeitsrechtsregelungsverfahren
ergangen sind.
In den AVR sind die Ausnahmetatbestände des § 7 ArbZG bisher
nur in sehr wenigen Punkten umgesetzt; daher besteht hier insbesondere
hinsichtlich der Bereitschaftsdienstregelungen für die betriebliche
Praxis hoher Handlungsdruck. In den AVR steht z.B. nirgends, dass bei
Bereitschaftsdienst die Höchtsarbeitszeitgrenzen überschritten
werden dürfen, dies ist nur für die Arbeitsbereitschaft geregelt.
Es gelten nach wie vor die folgenden wesentlichen Bestimmungen - wenn
man will Beschränkungen - im Geltungsbereich der AVR:
- Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit und muss bei
allen Höchstgrenzen mit einbezogen werden
- tägliche Höchstarbeitszeit 10 Stunden (Ausnahmen:
AVR Anlage 5 § 1 Abs 2 - Arbeitsbereitschaft, § 2 Abs. 4
vollkontinuierlicher Schichtbetrieb an Sonn- und Feiertagen)
- die durchschnittliche Arbeitszeit darf wöchentlich
48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreiten.
Festzulegender Bezugszeitraum (Mitbestimmung gemäß §
36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO) sind auf der Grundlage der Richtline 93/104
gemäß Arbeitszeitgesetz 24 Wochen oder sechs Kalendermonate.