ArbG Berlin 01.04.2009, 35 BV 17008/08
Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit ist
nicht tariffähig
Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit
und Personalserviceagenturen (CGZP) ist nicht tariffähig und darf
daher keine Tarifverträge abschließen. Sie verfügt
nicht über genug Durchsetzungskraft ("Sozialmächtigkeit")
gegenüber der Arbeitgeberseite. Hiergegen spricht nicht, dass
sie einige Tarifabschlüsse erreicht hat. Denn die Tarifabschlüsse
liegen unter dem Lohnniveau von Tarifverträgen mit DGB-Gewerkschaften
und erlauben den Arbeitgebern eine Durchbrechung des "Equal-Pay-Gebots".
Der Sachverhalt:
Antragsteller waren die Berliner Senatsverwaltung
für Arbeit und
die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Sie beantragten die Feststellung,
dass die CGZP nicht tariffähig sei.
Die Antragsteller haben das Verfahren vor dem Hintergrund eingeleitet,
dass zahlreiche Arbeitgeber und Arbeitgeberverbände mit der CGZP
Tarifverträge abgeschlossen haben, deren Vergütungsniveau
sowohl unter dem Vergütungsniveau in Tarifverträgen mit DGB-Gewerkschaften
als auch unter dem Vergütungsniveau in den jeweiligen Entleiherbetrieben
liegt.
Das ArbG stellte die mangelnde Tariffähigkeit der CGZP fest.
Der Beschluss ist allerdings noch nicht rechtskräftig und kann
vor dem LAG mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Gründe:
Die CGZP ist nicht tariffähig. Es fehlt an der
für die Funktionsfähigkeit
der Tarifautonomie erforderlichen "Sozialmächtigkeit" der
Tarifgemeinschaft. Diese ist nur gegeben, wenn die jeweiligen sozialen
Gegenspieler – also Gewerkschaft und Arbeitgeber - über
eine Durchsetzungskraft gegenüber der tariflichen Gegenseite verfügen.
Gegen eine solche Durchsetzungskraft spricht im Streitfall schon die
relativ geringe Mitgliederzahl der CGZP.
Darüber hinaus hat die CGZP zwar einige Tarifverträge abgeschlossen,
was im Regelfall die erforderliche "Sozialmächtigkeit" indiziert.
In der Zeitarbeitsbranche muss die Arbeitgeberseite aber anders als
in anderen Branchen regelmäßig nicht zum Abschluss eines
Tarifvertrags gedrängt werden. Denn nur durch Tarifvertrag darf
vom „Equal-Pay-Gebot“ in § 9 Nr.3 AÜG abgewichen
werden. Ein Tarifvertrag ist daher Voraussetzung dafür, dass die
Leiharbeitnehmer schlechter bezahlt werden dürfen als die im jeweiligen
Entleiherbetrieb beschäftigte Stammbelegschaft.
Die mit der CGZP geschlossenen Tarifverträge sehen ein Vergütungsniveau
vor, das unterhalb des Vergütungsniveaus der Stammkräfte
in den Entleiherbetrieben liegt und auch das Vergütungsniveau
in Tarifverträgen, die mit DGB-Gewerkschaften abgeschlossen worden
sind, unterschreitet. Die Arbeitgeberseite hatte daher ein massives
Eigeninteresse an den Tarifabschlüssen, so dass diese kein Beleg
für die Durchsetzungsfähigkeit der CGZP sind.