EuGH Urteil vom 3. Oktober
2000 (Az. C-303/98) zum Folgeurteil BAG v. 22.11.2000 4-AZR 612/99
Bereitschaftsdienst
ist Arbeitszeit!
Eine Broschüre zu Fragen der Arbeitszeit
aus Anlass des EuGH-Urteils vom 3. Oktober 2000
Der EuGH hat entschieden, dass Bereitschaftsdienste, die
in Form von persönlicher Anwesenheit geleistet werden, insgesamt als
Arbeitszeit und ggf. als Überstunden im Sinne der Richtlinie 93/104
anzusehen sind.
Dieses Urteil kam wegen eines sogenannten Vorlagebeschlusses
eines Gerichts in der Provinz Valencia / Spanien zustande. Das EuGH hat auch
festgestellt, dass zusätzlich geleisteter Bereitschaftsdienst und zusätzlich
geleistete Rufbereitschaft alle Voraussetzungen des Begriffs der Schichtarbeit
i.S. der EU-Richtline 93/104 erfüllen.
Art. 6 der Richtlinie legt die wöchentliche Höchstarbeitszeit
auf 48 Stunden durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum fest,
Bezugszeitraum sind maximal vier Monate.
Damit darf zusätzlich zur Arbeitszeit kein Bereitschaftsdienst
mehr angeordnet werden, wenn dadurch die tägliche Höchstarbeitszeit
von zehn Stunden überschritten würde.
Die Entscheidung des EuGH wirkt sich auch auf die Arbeitsbereitschaft
aus. Das sind Zeiten, in denen im Rahmen der Arbeitszeit keine Arbeit anfällt,
zum Beispiel Wartezeiten von Rettungsassistenten zwischen einzelnen Einsätzen.
Diese Wartezeiten verlängern die regelmäßige Arbeitszeit ohne
höhere Vergütung. Arbeitnehmer mit Arbeitsbereitschaft stehen während
der gesamten Arbeitszeit zur Verfügung. Auch mit Arbeitsbereitschaft
dürfen die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden und
die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden
nicht überschritten werden.
Der EuGH hat mit diesem Urteil festgestellt,
dass Regelungen der Richtlinie 93/104/EG unmittelbare Wirkung entfalten und
jedem Arbeitnehmer Ansprüche verleihen. Das ist hervorzuheben, da EG-Recht
in Form von Richtlinien (im Gegensatz zu den EG-Verordnungen) nicht unmittelbar
in den Mitgliedsstaaten gelten, sondern erst dann, wenn die Richtlinien durch
entsprechende Umsetzungsgesetze in die nationale Rechtsordnung übernommen
worden sind oder eine gesetzte Frist zur Übernahme nicht eingehalten
wurde.
Das Urteil hat unmittelbare und direkte Konsequenzen für
alle Arbeitnehmer, die Bereitschaftsdienst leisten. Tarifliche Regelungen
sowie Regelungen in den kircheneigenen Arbeitsvertragsrichtlinien, die diesen
Vorgaben widersprechen, sind unwirksam.