Vorsicht Betriebsübergang!
Leitungen, Mitarbeitervertretungen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sehen sich zunehmend mit Betriebsübergängen und Betriebsänderungen
(u.a. Einrichtungsschließungen) konfrontiert. Dabei geht es
nicht immer mit rechten Dingen zu - oft verbunden mit sehr nachteiligen
Folgen für die Betroffenen. Im folgenden soll insbesondere die
Problematik bei Betriebsübergängen kurz aufgezeigt werden.
Umstrukturierungen mit Folgen
Betriebsübergänge
und Betriebsänderungen
stehen im kirchlichen Bereich auf der Tagesordnung. Wer geglaubt hat,
dass die seit 1993 andauernde Welle z. B. der Betriebsübergänge
abschwillt, der wird durch die vielen aktuellen Vorgänge eines
Besseren belehrt. Wie die Erfahrungen zeigen, wird dabei sehr oft
versucht, die Bestimmungen des §
613a BGB zu umgehen, denn diese entsprechen häufig nicht
den Intentionen der Dienstgeberseite.
Zum einen, da nach der ständigen Rechtsprechung die kirchlichen
Arbeitsrechtsregelungen wie die AVR keine normative Wirkung entfalten
und diese - da die Inbezugnahme einzelvertraglich vereinbart ist
- unbegrenzt und dynamisch nach 613a Abs. 1 BGB weitergelten.
Des weiteren halten die Absätze 5 und 6 des § 613a BGB hohe
Hürden bereit. Diese Regelungen stellen eine unmittelbare
Verknüpfung zwischen Unterrichtungspflicht
des bisherigen Arbeitgebers oder des neuen Inhabers (Absatz 5) und
Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers (Absatz
6) her; damit wirkt sich das Gesetz erheblich auf die Durchführung
von Betriebsübergängen aus. Denn die einmonatige Widerspruchsfrist
des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers beginnt
erst mit Zugang der Unterrichtung in Textform
über
- den Zeitpunkt bzw. den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
- den Grund für den Übergang,
- die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs
für die Arbeitnehmer,
- die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Gerade in den beiden letzten Aufzählungspunkten
stecken die vielfältigen Probleme, denn hier geht es ins
Eingemachte: Informationen
u. a. zu Rechten und Pflichten, zum Widerspruchsrecht,
zu der (Weiter-)Geltung von Dienstvereinbarungen, zu Haftungsfragen,
zur Zusatzversorgung, zur Arbeitnehmervertretung, ggf. zu Insolvenzverfahren,
zu unmittelbar bevorstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen
bei dem Betriebserwerber.
Im Falle einer unzureichenden, fehlerhaften
oder vollständig unterbliebenen Unterrichtung beginnt
die Frist für den Widerspruch nicht zu laufen und theoretisch
bleibt das Widerspruchsrecht zeitlich unbegrenzt
bestehen; diese Situation kann zu erheblichen Risiken für
den Dienstgeber führen. |
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Bei Betriebsübergängen Schreibzeug weit weglegen!
Aus diesen Gründen sind manche Dienstgeber bestrebt, den Mitarbeitern
sogenannte "Übernahmedienstverträge" anzubieten.
Mit der Unterschrift beendet der Mitarbeiter aber sein Arbeitsverhältnis
mit dem bisherigen Dienstgeber und begründet ein neues - verbunden
mit der Zusage von bestimmten Besitzstandswahrungen. Und es sind keine
Einzelfälle, dass sich die Mitarbeiter dann plötzlich bei
anderen (abgesenkten ) Vergütungsystemen wiederfinden, und statt
Zusatzversorgung eine Lebensversicherung auf Rentenbasis mit einer
weitaus geringeren Absicherung haben und dazu diese noch selbst bezahlen
dürfen. Und ganz nebenbei wird auch noch die Informationspflicht
und damit das Widerspruchsrecht mit dem neubegründeten Arbeitsverhältnis
umgangen.
Deswegen: Bei Betriebsübergängen sind
keine Unterschriften der Mitarbeiter und keine neuen Arbeitsverträge
erforderlich!
Und bei Betriebsänderungen
gewinnt der § 29 Abs. 1 Nr. 17 MAVO zunehmend an Bedeutung.
Denn der Interessenausgleich bei Schließung, Einschränkung,
Verlegung oder Zusammenlegung von Einrichtungen oder wesentlichen
Teilen von ihnen soll regeln,
eine vorgesehene Betriebsänderung durchgeführt werden soll.
Im Rahmen des Interessenausgleichs geht es darum, die Durchführung
der Betriebsänderung in einer Art und Weise zu beeinflussen,
dass die Nachteile für die Mitarbeiter möglichst gering
gehalten werden. Nichtbeachtung des Anhörungs-
und Mitberatungsrechtes der MAV durch den Dienstgeber können
für die Mitarbeiter individualrechtliche
Schadenersatzansprüche begründen.
Betriebsübergang und Betriebsänderung im
Dritten Weg 
ist der Titel der Arbeitshilfe für Leitungen, Mitarbeitervertretungen
und Mitarbeiter als Sonderausgabe zum Loseblatt-Kompendium "Die
AVR von A bis Z" von den Autoren Hans Peter Zetl, Ulrich Zwosta
und Wolfram Schiering. Alle relevanten Begriffe werden mit Beispiel,
MAV-Beteiligung sowie Problematik
erläutert und mit Arbeitshilfen
und Gesetzesverweisen für die praktische
Umsetzung ergänzt.