Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 zur Änderung
der Richtlinie 77/187/EWG zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung
von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen,
Betrieben oder Betriebsteilen
Grundlagen
TEIL
I Anwendungsbereich und Definitionen
TEIL
II Wahrung der Ansprüche und Rechte der Arbeitnehmer
TEIL III Information und Konsultation
TEIL
IV Schlussbestimmungen
CNS 94/0203 (Identification de la procédure) (Identification
of procedure)
Amtsblatt Nr. L 201 vom 17/07/1998 S. 0088 - 0092
CONSLEG - 77L0187 - 17/07/1998 - 13 S.
RICHTLINIE 98/50/EG DES RATES vom 29. Juni 1998 zur Änderung der
Richtlinie 77/187/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang
von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100,
auf Vorschlag der Kommission (1),
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (2),
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3),
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (4),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) In der am 9. Dezember 1989 verabschiedeten Gemeinschaftscharta
der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer (Sozialcharta) wird unter
Nummer 7, Nummer 17 und Nummer 18 insbesondere folgendes festgestellt:
"Die Verwirklichung des Binnenmarktes muss zu einer Verbesserung der
Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Europäischen
Gemeinschaft führen. Diese Verbesserung muss, soweit nötig,
dazu führen, dass bestimmte Bereiche des Arbeitsrechts, wie die
Verfahren bei Massenentlassungen oder bei Konkursen, ausgestattet werden.
Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung der Arbeitnehmer müssen
in geeigneter Weise, unter Berücksichtigung der in den verschiedenen
Mitgliedstaaten herrschenden Gepflogenheiten, weiterentwickelt werden.
Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung sind rechtzeitig vorzusehen,
vor allem bei der Umstrukturierung oder Verschmelzung von Unternehmen,
wenn dadurch die Beschäftigung der Arbeitnehmer berührt wird."
(2) In der Richtlinie 77/187/EWG (5) wird auf eine Harmonisierung der
einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften hinsichtlich der Wahrung
der Ansprüche und Rechte der Arbeitnehmer hingewirkt; Veräußerer
und Erwerber werden aufgefordert, die Vertreter der Arbeitnehmer rechtzeitig
zu unterrichten und anzuhören.
(3) Ziel der vorliegenden Richtlinie ist die Überarbeitung der
Richtlinie 77/187/EWG unter Berücksichtigung der Auswirkungen des
Binnenmarktes, der Tendenzen in der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten
hinsichtlich der Sanierung von Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten,
der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften,
der Richtlinie 75/129/EWG des Rates vom 17. Februar 1975 zur Angleichung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen
(6) sowie der bereits in den meisten Mitgliedstaaten geltenden gesetzlichen
Normen.
(4) Aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz ist es erforderlich,
den juristischen Begriff des Übergangs unter Berücksichtigung
der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu klären. Durch diese Klärung
wird der Anwendungsbereich der Richtlinie 77/187/EWG gemäß
der Auslegung durch den Gerichtshof nicht geändert.
(5) Rechtssicherheit und Transparenz verlangen außerdem, dass
im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausdrücklich vorgesehen
wird, dass die Richtlinie 77/187/EWG für private und öffentliche
Unternehmen, die Wirtschaftstätigkeiten ausüben, unabhängig
davon gilt, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht.
(6) Eine Klärung des Begriffs "Arbeitnehmer" ist im Lichte der
Rechtsprechung des Gerichtshofs erforderlich.
(7) Im Hinblick auf die Sicherstellung des Überlebens zahlungsunfähiger
Unternehmen ist den Mitgliedstaaten ausdrücklich zu gestatten,
bei Übergängen im Rahmen eines Liquidationsverfahrens die
Artikel 3 und 4 der Richtlinie 77/187/EWG nicht anzuwenden. Bestimmte
Abweichungen von den allgemeinen Bestimmungen dieser Richtlinie sind
im Fall von Übergängen zu gestatten, die im Rahmen von Verfahren
wegen Zahlungsunfähigkeit erfolgen.
(8) Diese Abweichungen sollten auch einem Mitgliedstaat mit speziellen
Verfahren zur Förderung des wirtschaftlichen Überlebens von
Unternehmen gestattet werden, denen das Bestehen einer schwierigen wirtschaftlichen
Lage bescheinigt wird.
(9) Es ist zu klären, unter welchen Umständen Funktion und
Rechtsstellung der Vertreter der Arbeitnehmer zu wahren sind.
(10) Damit ähnliche Situationen in gleicher Weise behandelt werden,
ist sicherzustellen, dass die in der Richtlinie 77/187/EWG festgelegten
Verpflichtungen hinsichtlich der Unterrichtung und Anhörung unabhängig
davon erfüllt werden, ob die zum Übergang führende Entscheidung
vom Arbeitgeber oder von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen
getroffen wurde.
(11) Es sollte klargestellt werden, dass - wenn die Mitgliedstaaten
Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Erwerber über
alle zu übertragenden Rechte und Pflichten unterrichtet wird -
die Unterlassung dieser Unterrichtung die Übertragung der betreffenden
Rechte und Pflichten nicht beeinträchtigt.
(12) Es ist zu präzisieren, unter welchen Umständen die Arbeitnehmer
zu informieren sind, wenn es keine Arbeitnehmervertreter gibt.
(13) In der Sozialcharta wird die Bedeutung des Kampfes gegen alle
Formen der Diskriminierung, insbesondere aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe,
Rasse, Meinung oder Glauben, gewürdigt -
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Die Richtlinie 77/187/EWG wird wie folgt geändert:
1. Der Titel erhält folgende Fassung:
"Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von
Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen,
Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen".
2. Die Artikel 1 bis 7 erhalten folgende Fassung:
"TEIL I
Anwendungsbereich und Definitionen
Artikel 1
(1)
a) Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben
oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch
vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.
b) Vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen
dieses Artikels gilt als Übergang im Sinne dieser Richtlinie
der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen
Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen
zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit.
c) Diese Richtlinie gilt für öffentliche und private Unternehmen,
die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig
davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. Bei der Übertragung
von Aufgaben im Zuge einer Umstrukturierung von Verwaltungsbehörden
oder bei der Übertragung von Verwaltungsaufgaben von einer Behörde
auf eine andere handelt es sich nicht um einen Übergang im Sinne
dieser Richtlinie.
(2) Diese Richtlinie ist anwendbar, wenn und soweit sich das Unternehmen,
der Betrieb oder der Unternehmens- bzw. Betriebsteil, das bzw. der übergeht,
innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Vertrages befindet.
(3) Diese Richtlinie gilt nicht für Seeschiffe.
Artikel 2
(1) Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a) "Veräußerer" ist jede natürliche oder juristische
Person, die aufgrund eines Übergangs im Sinne von Artikel 1 Absatz
1 als Inhaber aus dem Unternehmen, dem Betrieb oder dem Unternehmens-
bzw. Betriebsteil ausscheidet.
b) "Erwerber" ist jede natürliche oder juristische Person, die
aufgrund eines Übergangs im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 als
Inhaber in das Unternehmen, den Betrieb oder den Unternehmens- bzw.
Betriebsteil eintritt.
c) "Vertreter der Arbeitnehmer" oder ein entsprechender Ausdruck
bezeichnet die Vertreter der Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften
oder der Praxis der Mitgliedstaaten.
d) "Arbeitnehmer" ist jede Person, die in dem betreffenden Mitgliedstaat
aufgrund des einzelstaatlichen Arbeitsrechts geschützt ist.
(2) Diese Richtlinie läßt das einzelstaatliche Recht in
bezug auf die Begriffsbestimmung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses
unberührt.
Die Mitgliedstaaten können jedoch vom Anwendungsbereich der Richtlinie
Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse nicht allein deshalb
ausschließen, weil
a) nur eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden geleistet wird oder
zu leisten ist,
b) es sich um Arbeitsverhältnisse aufgrund eines befristeten
Arbeitsvertrags im Sinne von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 91/383/EWG
des Rates vom 25. Juni 1991 zur Ergänzung der Maßnahmen
zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern
mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis
(*) handelt,
c) es sich um Leiharbeitsverhältnisse im Sinne von Artikel 1
Nummer 2 der Richtlinie 91/383/EWG und bei dem übertragenen Unternehmen
oder dem übertragenen Betrieb oder Unternehmens- bzw. Betriebsteil
als Verleihunternehmen oder Teil eines Verleihunternehmens um den
Arbeitgeber handelt.
TEIL II
Wahrung der Ansprüche und Rechte der Arbeitnehmer
Artikel 3
(1) Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum
Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis
gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.
Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Veräußerer
und der Erwerber nach dem Zeitpunkt des Übergangs gesamtschuldnerisch
für die Verpflichtungen haften, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs
durch einen Arbeitsvertrag oder ein Arbeitsverhältnis entstanden
sind, der bzw. das zum Zeitpunkt des Übergangs bestand.
(2) Die Mitgliedstaaten können geeignete Maßnahmen ergreifen,
um zu gewährleisten, dass der Veräußerer den Erwerber
über alle Rechte und Pflichten unterrichtet, die nach diesem Artikel
auf den Erwerber übergehen, soweit diese dem Verußerer zum
Zeitpunkt des Übergangs bekannt waren oder bekannt sein mussten.
Unterläßt der Veräußerer diese Unterrichtung des
Erwerbers, so berührt diese Unterlassung weder den Übergang
solcher Rechte und Pflichten noch die Ansprüche von Arbeitnehmern
gegenüber dem Erwerber und/oder Veräußerer in bezug
auf diese Rechte und Pflichten.
(3) Nach dem Übergang erhält der Erwerber die in einem Kollektivvertrag
vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder zum Ablauf
des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung
eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Maße aufrecht,
wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräußerer vorgesehen
waren.
Die Mitgliedstaaten können den Zeitraum der Aufrechterhaltung der
Arbeitsbedingungen begrenzen, allerdings darf dieser nicht weniger als
ein Jahr betragen.
(4)
a) Sofern die Mitgliedstaaten nicht anderes vorsehen, gelten die
Absätze 1 und 3 nicht für die Rechte der Arbeitnehmer auf
Leistungen bei Alter, Invalidität oder für Hinterbliebene
aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen
außerhalb der gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit der
Mitgliedstaaten.
b) Die Mitgliedstaaten treffen auch dann, wenn sie gemß Buchstabe
a) nicht vorsehen, dass die Absätze 1 und 3 für die unter
Buchstabe a) genannten Rechte gelten, die notwendigen Maßnahmen
zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer sowie der Personen, die
zum Zeitpunkt des Übergangs bereits aus dem Betrieb des Verußerers
ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer Rechte oder Anwartschaftsrechte
auf Leistungen bei Alter, einschließlich Leistungen für Hinterbliebene,
aus den unter Buchstabe a) genannten Zusatzversorgungseinrichtungen.
Artikel 4
(1) Der Übergang eines Unternehmens, Betriebs oder Unternehmens
bzw. Betriebsteils stellt als solcher für den Veräußerer
oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar. Diese Bestimmung
steht etwaigen Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder
organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung
mit sich bringen, nicht entgegen.
Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass Unterabsatz 1 auf einige
abgegrenzte Gruppen von Arbeitnehmern, auf die sich die Rechtsvorschriften
oder die Praxis der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Kündigungsschutzes
nicht erstrecken, keine Anwendung findet.
(2) Kommt es zu einer Beendigung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses,
weil der Übergang eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen
zum Nachteil des Arbeitnehmers zur Folge hat, so ist davon auszugehen,
dass die Beendigung des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses
durch den Arbeitgeber erfolgt ist.
Artikel 4a
(1) Sofern die Mitgliedstaaten nichts anderes vorsehen, gelten die
Artikel 3 und 4 nicht für Übergänge von Unternehmen,
Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen, bei denen gegen den
Veräußerer unter der Aufsicht einer zuständigen öffentlichen
Stelle (worunter auch ein von einer zuständigen Behörde ermächtigter
Insolvenzverwalter verstanden werden kann) ein Konkursverfahren oder
ein entsprechendes Verfahren mit dem Ziel der Auflösung des Vermögens
des Veräußerers eröffnet wurde.
(2) Wenn die Artikel 3 und 4 für einen Übergang während
eines Zahlungsunfähigkeitsverfahrens gegen den Veräußerer
(unabhängig davon, ob dieses Verfahren zur Auflösung seines
Vermögens eingeleitet wurde) gelten und dieses Verfahren unter
der Aufsicht einer zuständigen öffentlichen Stelle (worunter
auch ein nach dem innerstaatlichen Recht bestimmter Insolvenzverwalter
verstanden werden kann) steht, kann ein Mitgliedstaat vorsehen, dass
a) ungeachtet des Artikels 3 Absatz 1 die vor dem Übergang bzw.
vor der Eröffnung des Zahlungsunfähigkeitsverfahrens fälligen
Verbindlichkeiten des Veräußerers aufgrund von Arbeitsverträgen
oder Arbeitsverhältnissen nicht auf den Erwerber übergehen,
sofern dieses Verfahren nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats
einen Schutz gewährt, der dem von der Richtlinie 80/987/EWG des
Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit
des Arbeitgebers (**) vorgesehenen Schutz zumindest gleichwertig ist,
und/oder
b) der Erwerber, der Veräußerer oder die seine Befugnisse
ausübenden Personen auf der einen Seite und die Vertreter der
Arbeitnehmer auf der anderen Seite Änderungen der Arbeitsbedingungen
der Arbeitnehmer, insoweit das geltende Recht oder die geltende Praxis
dies zulassen, vereinbaren können, die den Fortbestand des Unternehmens,
Betriebs oder Unternehmens- bzw. Betriebsteils sichern und dadurch
der Erhaltung von Arbeitsplätzen dienen.
(3) Die Mitgliedstaaten können Absatz 2 Buchstabe b) auf Übergänge
anwenden, bei denen sich der Veräußerer nach dem einzelstaatlichen
Recht in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befindet, sofern das
Bestehen einer solchen Notlage von einer zuständigen öffentlichen
Stelle bescheinigt wird und die Möglichkeit einer gerichtlichen
Aufsicht gegeben ist, falls das innerstaatliche Recht solche Bestimmungen
am 17. Juli 1998 bereits enthält.
Die Kommission legt vor dem 17. Juli 2003 einen Bericht über die
Auswirkungen dieser Bestimmung vor und unterbreitet dem Rat erforderlichenfalls
entsprechende Vorschläge.
(4) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen,
damit Zahlungsunfähigkeitsverfahren nicht in missbräuchlicher
Weise in Anspruch genommen werden, um den Arbeitnehmern die in dieser
Richtlinie vorgesehenen Rechte vorzuenthalten.
Artikel 5
(1) Sofern das Unternehmen, der Betrieb oder der Unternehmens- bzw.
Betriebsteil seine Selbständigkeit behält, bleiben die Rechtsstellung
und die Funktion der Vertreter oder der Vertretung der vom Übergang
betroffenen Arbeitnehmer unter den gleichen Bedingungen erhalten, wie
sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs aufgrund von Rechts- und Verwaltungsvorschriften
oder aufgrund einer Vereinbarung bestanden haben, sofern die Bedingungen
für die Bildung der Arbeitnehmervertretung erfüllt sind.
Unterabsatz 1 findet keine Anwendung, wenn gemäß den Rechts-
und Verwaltungsvorschriften oder der Praxis der Mitgliedstaaten oder
durch Vereinbarung mit den Vertretern der betroffenen Arbeitnehmer die
Bedingungen für die Neubestellung der Vertreter der Arbeitnehmer
oder die Neubildung der Vertretung der Arbeitnehmer erfüllt sind.
Wurde gegen den Veräußerer unter der Aufsicht einer zuständigen
öffentlichen Stelle (worunter auch ein von einer zuständigen
Behörde ermächtigter Insolvenzverwalter verstanden werden
kann) ein Konkursverfahren oder ein entsprechendes Zahlungsunfähigkeitsverfahren
mit dem Ziel der Auflösung des Vermögens des Veräußerers
eröffnet, können die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen
ergreifen, um sicherzustellen, dass die vom Übergang betroffenen
Arbeitnehmer bis zur Neuwahl oder Benennung von Arbeitnehmervertretern
angemessen vertreten sind.
Behält das Unternehmen, der Betrieb oder der Unternehmens- bzw.
Betriebsteil seine Selbständigkeit nicht, so treffen die Mitgliedstaaten
die erforderlichen Maßnahmen, damit die vom Übergang betroffenen
Arbeitnehmer, die vor dem Übergang vertreten wurden, während
des Zeitraums, der für die Neubildung oder Neubenennung der Arbeitnehmervertretung
erforderlich ist, im Einklang mit dem Recht oder der Praxis der Mitgliedstaaten
weiterhin angemessen vertreten werden.
(2) Erlischt das Mandat der Vertreter der vom Übergang betroffenen
Arbeitnehmer aufgrund des Übergangs, so gelten für diese Vertreter
weiterhin die nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder der
Praxis der Mitgliedstaaten vorgesehenen Schutzmaßnahmen.
TEIL III
Information und Konsultation
Artikel 6
(1) Der Veräußerer und der Erwerber sind verpflichtet, die
Vertreter ihrer jeweiligen von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer
über folgendes zu informieren:
- den Zeitpunkt bzw. den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
- den Grund für den Übergang,
- die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs
für die Arbeitnehmer,
- die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Der Veräußerer ist verpflichtet, den Vertretern seiner Arbeitnehmer
diese Information rechtzeitig vor dem Vollzug des Übergangs zu
übermitteln.
Der Erwerber ist verpflichtet, den Vertretern seiner Arbeitnehmer diese
Informationen rechtzeitig zu übermitteln, auf jeden Fall aber bevor
diese Arbeitnehmer von dem Übergang hinsichtlich ihrer Beschäftigungs-
und Arbeitsbedingungen unmittelbar betroffen werden.
(2) Zieht der Veräußerer bzw. der Erwerber Maßnahmen
hinsichtlich seiner Arbeitnehmer in Betracht, so ist es verpflichtet,
die Vertreter seiner Arbeitnehmer rechtzeitig zu diesen Maßnahmen
zu konsultieren, um eine Übereinkunft anzustreben.
(3) Die Mitgliedstaaten, deren Rechts- und Verwaltungsvorschriften
vorsehen, dass die Vertreter der Arbeitnehmer eine Schiedsstelle anrufen
können, um eine Entscheidung über hinsichtlich der Arbeitnehmer
zu treffende Maßnahmen zu erhalten, können die Verpflichtungen
gemäß den Absätzen 1 und 2 auf den Fall beschränken,
in dem der vollzogene Übergang eine Betriebsänderung hervorruft,
die wesentliche Nachteile für einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer
zur Folge haben kann.
Die Information und die Konsultation müssen sich zumindest auf
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen
erstrecken.
Die Information und die Konsultation müssen rechtzeitig vor dem
Vollzug der in Unterabsatz 1 genannten Betriebsänderung erfolgen.
(4) Die in diesem Artikel vorgesehenen Verpflichtungen gelten unabhängig
davon, ob die zum Übergang führende Entscheidung vom Arbeitgeber
oder von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen
wird.
Hinsichtlich angeblicher Verstöße gegen die in dieser Richtlinie
vorgesehenen Informations- und Konsultationspflicht findet der Einwand,
der Verstoß gehe darauf zurück, dass die Information von
einem den Arbeitgeber kontrollierenden Unternehmen nicht übermittelt
worden sei, keine Berücksichtigung.
(5) Die Mitgliedstaaten können die in den Absätzen 1, 2 und
3 vorgesehenen Verpflichtungen auf Unternehmen oder Betriebe beschränken,
die hinsichtlich der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer die Voraussetzungen
für die Wahl oder Bestellung eines Kollegiums als Arbeitnehmervertretung
erfüllen.
(6) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die betreffenden Arbeitnehmer
für den Fall, dass es unabhängig von ihrem Willen in einem
Unternehmen oder in einem Betrieb keine Vertreter der Arbeitnehmer gibt,
vorher zu informieren sind über
- den Zeitpunkt bzw. den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
- den Grund für den Übergang,
- die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs
für die Arbeitnehmer,
- die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
TEIL IV
Schlussbestimmungen
Artikel 7
Diese Richtlinie schränkt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten
nicht ein, für die Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften
anzuwenden oder zu erlassen oder für die Arbeitnehmer günstigere
Kollektivverträge und andere zwischen den Sozialpartnern abgeschlossene
Vereinbarungen, die für die Arbeitnehmer günstiger sind, zu
fördern oder zuzulassen.
Artikel 7a
Die Mitgliedstaaten nehmen in ihre innerstaatlichen Rechtssysteme die
erforderlichen Bestimmungen auf, um allen Arbeitnehmern und Vertretern
der Arbeitnehmer, die ihrer Ansicht nach durch die Nichtbeachtung der
sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen benachteiligt
sind, die Möglichkeit zu geben, ihre Forderungen durch Gerichtsverfahren
einzuklagen, nachdem sie gegebenenfalls andere zuständige Stellen
damit befasst haben.
Artikel 7b
Die Kommission unterbreitet dem Rat vor dem 17. Juli 2006 einen Bericht,
in dem die Auswirkungen der Bestimmungen dieser Richtlinie untersucht
werden. Sie legt gegebenenfalls die erforderlichen Änderungsvorschläge
vor.
(*) ABl. L 206 vom 29. 7. 1991, S. 19.
(**) ABl. L 283 vom 20. 10. 1980, S. 23. Richtlinie geändert durch
die Richtlinie 87/164/EWG (ABl. L 66 vom 11. 3. 1987, S. 11)."
Artikel 8
(1) Die Mitgliedstaaten verabschieden vor dem 17. Juli 2001 die erforderlichen
Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen,
oder stellen spätestens zu diesem Zeitpunkt sicher, dass die Sozialpartner
die erforderlichen Vorschriften durch Vereinbarung einführen; die
Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die erforderlichen Schritte zu unternehmen,
damit sie jederzeit die von dieser Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse
gewährleisten können.
(2) Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen
sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen
Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten
regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.
Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission unverzüglich über
die Maßnahmen in Kenntnis, die sie zur Durchführung dieser
Richtlinie verabschieden.
Artikel 9
Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.
Artikel 10
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Luxemburg am 29. Juni 1998.
Im Namen des Rates
Der Präsident
R. COOK
(1) ABl. C 274 vom 1. 10. 1994, S. 10.
(2) ABl. C 33 vom 3. 2. 1997, S. 81.
(3) ABl. C 133 vom 31. 5. 1995, S. 13.
(4) ABl. C 100 vom 2. 4. 1996, S. 25.
(5) ABl. L 61 vom 5. 3. 1977, S. 26.
(6) ABl. L 48 vom 22. 2. 1975, S. 29. Richtlinie geändert durch
die Richtlinie 92/56/EWG (ABl. L 245 vom 26. 8. 1992, S. 3).